Das 80 zu 20 (99 zu 1) Prinzip
Irgendein kleiner Mann, Selbständiger
oder Vertreter – wer weiß? –, der nicht vom Glück verfolgt war
und der insofern unsere Sympathie verdient, der jedoch immer noch
vom Erfolg zu träumen scheint und wohl andere ebenfalls auf seine
Spur zu bringen hofft (darin gliche er dann ein wenig jenen glücklosen
Roulette-Spielern, die „unfehlbare“ Systeme verkaufen), machte kürzlich
auf sich aufmerksam, indem er in populärer Form eine Binsen-Weisheit
zum Besten gab: jenen Effekt der Kapitalkonzentrationstendenz im modernen
Kapitalismus, den Pareto auf seine Weise erneut entdeckte.
Auf der Seite http://www.geldmitweb.de/Das-Paredo-Prinzip.html
lesen wir:
„Paredo [Pareto!] wies nach,
dass 80% des Wohlstands bzw. der Einkommen eines Landes von 20% der Bevölkerung
erwirtschaft[et] und in Besitz gehalten wurden. Dieses "Gesetz" hat auch
außerhalb des Wirtschaftslebens Gültigkeit und sagt allgemein
aus, dass ... 80% des Erfolgs auf 20% des Aufwands zurückzuführen
sind.
80% der Folgen stammen also
aus 20% der Ursachen.
80% der Unternehmensgewinne
stammen aus 20% der Produkte und Kunden.
80% der Aktiengewinne gehen
an 20% der Anleger usw.
Es muss nicht immer um das Verhältnis
80 zu 20 handeln, vielleicht sind es auch:
90/10 oder
95/5 oder
99/1“
Wenn man sich vergegenwärtigt,
dass die 74 größten Konzerne auf der Fortune 500 Liste deutlich
über 50 Prozent der ausgewiesenen Gewinne der 200 weltweit größten
Konzerne einheimsen,
wenn man sich klar macht, dass
0,1% der Bevölkerung von Staaten wie Deutschland, USA, usw. die Masse
des gesellschaftlich relevanten Eigentums – lässt man das kleine Häuschen
oder das eigene Auto einmal außen vor – kontrollieren,
wenn man sich vergegenwärtigt,
dass in den ersten 10 Jahren des neuen Jahrhunderts die Menschen in Deutschland,
die weniger als 1000 Euro brutto im Monat verdienen, statistisch gesehen
einen durchschnittlichen Realohnverlust zwischen 15 und 22 Prozent erlitten
und dass, unter den Lohnabhängigen, lediglich die einkommensmäßig
über 1400 Euro brutto Liegenden leichte Reallohnerhöhungen zu
verzeichnen hatten,
wenn wir jetzt weiterhin bedenken,
dass die durchschnittlichen Firmengewinne in diesen zehn Jahren förmlich
„explodierten“, wobei Banken und große, gleichzeitig produzierende
und Handel betreibende Konzerne sowie reine Handelskonzerne renditemäßig
an der Spitze lagen,
dann wird uns die Bedeutung von
80 zu 20 bzw. heute 99 zu 1 handgreiflich vor Augen geführt.
Es gibt gut 400.000 Millionäre
in Deutschland, bei einer Bevölkerung von gut 80 Millionen.
Aber Millionär-Sein, das
ist heute fast nichts.
Ein Angestellter wie Ackermann
(Deutsche Bank) verdient 670.000 Euro im Monat.
Die wirtschaftlich Mächtigen
sind heute nicht Millionäre, sondern Milliardäre, wenn nicht
Multimilliardäre.
Und die Konzerne, die Löhne
drücken und entlassen, obwohl die Gewinne explodieren, haben Manager,
die von Renditen zwischen 20 und 25, wenn nicht 30 Prozent im Jahr faseln;
die Aktionäre (aber welche?) erwarten das, heißt es.
In Griechenland leben, bei hohen
Mieten in Athen und Thessaloniki, viele Menschen von 300 Euro im Monat
und weniger: Wie schaffen die das bloß?
Der griechische Staat kürzt
Renten und Löhne, privatisiert, zahlt inzwischen zwischen 27 und 30
Prozent Zinsen im Jahr für Gelder, die er auf dem internationalen
Kapitalmarkt zu leihen gezwungen ist.
Wie viel ist verkehrt? Wer ist
verantwortlich für das Elend von immer mehr Menschen?
In Griechenland heißt es,
braucht man Beziehungen, oft zu Politikern, um einen gut bezahlten Job
zu bekommen.
Chirac, als Bürgermeister
im teuren Paris, soll Leuten mit öffentlichen Mitteln gebaute Wohnungen
billig zugeschanzt haben, die sich auch teure Wohnungen leisten konnten.
Politiker werden eingeladen,
an sogenannten VIP-Investitionsvorhaben (z.T. mit garantierter Rendite?!)
teilzunehmen, auch in Berlin.
Und einem französischen
Konzern sichert der Berliner Senat seinerseits bei der Privatisierung der
Wasserversorgung der Hauptstadt eine Mindestrendite zu.
Man setzt in den Konzernzentralen
und der Regierung auf Exporte und entzieht der Binnenkonjunktur den Boden,
indem jene früher als „regulär“ geltenden, tariflich bezahlten
Vollzeit-Arbeitsverhältnisse immer stärker durch Beschäftigungsverhältnisse
auf Grund befristeter Verträge, durch sogenannte Leiharbeit und durch
400 Euro Jobs und ähnliche prekäre Arrangements ersetzt werden.
Man streicht tarifliche Leistungen
wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Nacht- und Überstundenzuschläge.
Man erwartet von Leuten, die für monatliche 400 Euro brutto laut Arbeitsvertrag
4 Stunden am Tag arbeiten sollen, dass sie weitere 2 oder 3 Stunden am
Tag unbezahlt arbeiten.
Irgendein kleiner Mann will uns
einweihen in die Geheimnisse des Erfolgs im Kapitalismus. Da liegt –
vielleicht im konkreten Fall ganz zu Unrecht – der Gedanke nah, dass er
anderen kleinen Leute, die ohnehin auf’s schnelle Geldverdienen ganz scharf
sind, etwas beibringen will. Dass sie jetzt lernen sollen, wie man
dem Erfolg auf den Fersen bleibt. Und das hieße vielleicht letztendlich,
dass sie irgendwann versuchen werden, die 80 oder 90 oder 99 Prozent, die
man in der Geschäftswelt anscheinend für die Dummen im Land hält,
abzuzocken.
Ob ich mit der Vermutung wohl
richtig liege? Aber egal, der Mann ist nur eine kleine Nummer, und hatte
schon genug Pech. Wenden wir uns an von Pierer und seine Nachfolger bei
Siemens, auch an Ackermann, auch an Piech. Das sind die wirklichen Abzocker
im globalen Kasino, während wir die Last tragen, die ihr „Erfolg“
uns und dem Planeten aufbürdet.
Check...:http://www.democracynow.org/2011/2/17/democracy_uprising_in_the_usa_noam
Check: http://www.democracynow.org/2011/2/17/democracy_uprising_in_the_usa_noam
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