Yes, we can! Change is possible
Von den Widersprüchen des
politisch-ökonomischen Weltsystems.
Oder warum „Änderung“ (change)
notwendig ist.
1 Eine multiple Krise
Das Gespür dafür, das
„etwas nicht stimmt“, war bei großen Teilen der Bevölkerung
in vielen Ländern der Welt seit langem nicht so intensiv wie heute.
Zwei tiefe, radikale Krisenerscheinungen konvergieren und lösen eine
dritte, die politisch betrachtet fundamentalste, aus. Es treffen, in zeitlicher
Überlappung, eine nur langsam in ihren Ausmaßen und Auswirkungen
erkannte ökologische Krise und eine in der politischen Ökonomie
begründete Systemkrise zusammen, die inzwischen längst zur Krise
der Demokratie geworden ist.(1)
Untersuchungen zum Klimawandel,
zur Versteppung, Entwaldung, Vergiftung, Erosion, und Auslaugung der Böden,
zur Verschmutzung von Flüssen, Übersäuerung von Seen und
Meeren, zur teilweisen Zerstörung der Ozonschicht der Erdatmosphäre
halten kaum Schritt mit den handgreiflich erlebten und sinnlich registrierten
Konsequenzen der ökologischen Katastrophe, deren mittel- und langfristige
Reversibilität völlig ungeklärt ist. Gleichzeitig erleben
die Menschen heute eine Krise, die als Banken- und Finanzkrise unzureichend,
weil nur partiell, beschrieben ist und die hautnah von den Bevölkerungen
der Länder der Welt – am bittersten übrigens, teils als
Hungerkatastrophe, im „Süden“, aber dieses Mal auch stärker als
je in den letzten 70 bis 80 Jahren im „Norden“ des Weltsystems –
in ihrer ganzen ungeheuren Destruktivität erlebt wird.
Während in den meisten Ländern
des „Südens“ der Welt die weitestgehend auf ungleiche Wirtschaftsmacht
der Akteure des „Nordens“ und des „Südens“ zurückführbaren
Austauschbeziehungen, welche kritische Experten als échange inégal
(ungleichen Austausch) bezeichnen, die Verschuldung bei Kreditgebern des
„Nordens“ verschlimmern, die wirtschaftliche Entwicklung bremsen und
die Arbeitslosenquoten in absurde Höhen schnellen lassen, was derzeit
in den Philippinen, Thailand, Indonesien, in Kolumbien, Haiti und Honduras,
aber auch in Tunesien, Algerien, Ägypten, Libyen (um nur einige Länder
zu nennen) die sozialen Konflikte dem Siedepunkt zutreibt und den Ruf der
Massen nach Demokratie lauter werden lässt, spürt die übergroße
Mehrheit der Bevölkerungen in den „reichen“ Ländern Europas und
in den USA wie nie zuvor seit der Krise von 1929-39 die sich weiter beschleunigende
Erosion der relativen Privilegiertheit subalterner Klassen in den Zentren
des Kapitalismus.(2)
Die sogenannten Verteilungsspielräume,
von denen die etablierte Politik zu sprechen pflegte und welche in
den Ländern des sogenannten reichen „Nordens“ - trotz gelegentlicher
„Rezessionen“ – offensichtlich zwischen ca. 1948 und 1973 zunächst
in zunehmendem Maße, dann in stagnierender Form existierten, sind
nicht nur ganz offensichtlich inzwischen geschrumpft, sondern zum Teil
auch bewusst zunichte gemacht worden.(3)
Sie sind – darauf komme ich im folgenden noch detaillierter zurück
- spätestens seit 1989/90 in den westlichen „Industrieländern“,
in denen wenige (in den USA unter 0,1% der Bevölkerung) über
sehr große Vermögen verfügen und wo dennoch die Mehrheit
zeitweise ihren „Lebensstandard“ in den keynesianisch bzw. sozialdemokratisch
geprägten Jahren erträglich fand, von der Kapitalseite
nicht mehr gewollt.(4)
Diese Dynamik, die man seit Anfang
der 90er Jahre beobachtet, stellt in gewisser Beziehung, vor allem, was
den Lebensstandard breiter Bevölkerungsschichten in diesen „westlichen
Industrieländern“ angeht, allerdings nur eine krasse Steigerung
oder Zuspitzung eines bereits in der zweiten Hälfte der 70er Jahre
und in den 80er Jahren festzustellenden Trends dar. Es ist erwiesen, dass
bereits in der Zeit ab etwa 1973 bis Anfang der 90er Jahre die Reallöhne
der US-amerikanischen Industriearbeiterschaft um ca. ein Drittel zurückgingen.
Es steht auch außer Frage, dass sich die Situation nicht für
die Lohn- und Gehaltsabhängigen, sondern auch für viele kleine
Selbständige und für kleine und mittlere Bauern, so für
die Mehrheit der Farmer in den USA, in diesen Jahren verschlechterte und
dass sie sich in den letzten beiden, offensiv neoliberal geprägten
Jahrzehnten weiter verschärfte.(5)
Die US-amerikanische Dynamik betrifft, meist leicht zeitversetzt, mit gewisser
„Verspätung“, in ähnlicher Weise West-Europa. Wo vor allem die
1979 ins Amt gelangte Thatcher-Regierung mit ihren Privatisierungen öffentlichen
Eigentums (beschleunigt nach der Wiederwahl 1983) und mit ihrer Attacke
auf die britischen Gewerkschaften (besonders deutlich angesichts des Bergarbeiterstreiks
1984-85) sich als Vorreiter einer monetaristischen, neo-liberalen Politik
erwies.(6) Und
wo dann später auch die neo-liberale Wende von New Labor, der SPD
unter Schröder und der Kurswechsel der schwedischen Sozialdemokraten
weg vom alten „Sozialstaat“ weitere, deutliche Zeichen setzten.(7)
Die ideologischen Konflikte,
welche heute die US-amerikanischen Medien beherrschen und die im oberflächlichen
Denken weiter Teile der Bevölkerung einen Nachhall finden, wobei
die lancierten Diskurse offenbar dazu beitragen sollen, die Unzufriedenheit
der breiten Mehrheit auf verschiedene Weise zu kanalisieren, sind zum Teil
immer noch eine verspätete Antwort auf den Zerfall des ideologischen
Modells, das – als diskursive Entsprechung der erreichten hohen Wachstumsraten,
der keynesianischen Wirtschaftspolitik und des Sozialstaats – die
sogenannten „guten“ 50er Jahre des „Korea-Booms“, vor allem aber
die 60er und vielleicht noch frühen 70er Jahre beherrschte.(8)
Die in jenen Jahren etablierte
Variante der „Marktwirtschaft“, die sich realwirtschaftlich wie diskursiv
manifestierte, war ganz offensichtlich ein Wachstumsmodell, das Spielräume
auch für Reallohnzuwächse und für „Sozialpolitik“ bot und
diversen Illusionen über ein „Ende der kapitalistischen Krisen“, eine
fortwährende Verbesserung des Lebensstandards der Massen nicht nur
in den USA, ein Ende des Hungers und der Armut auch im „Rest der Welt“
Nahrung gab. (9)
Es nährte den Traum vom Aufstieg der Lohnarbeiter in die „Mittelklasse“.
Es ist verbreitete die falsche Hoffnung auf den konsumeristischen
„American way of life“ als unendlich fortsetzbaren Traum, als etwas, das
vorgeblich für alle – zumindest aber für die „Fleißigen
und Tüchtigen“, die „Erfolgsorientierten“ – als lebbarer Weg möglich
sein sollte.(10)
Das alles ist Schnee von gestern.
Wir haben es inzwischen längst
mit einem schleichenden Prozess der Unterhöhlung des kapitalistischen
Weltsystems auch in seinen historisch herausgebildeten Zentren zu tun.
Unverkennbar beobachten wir einen Prozess, der sich niederschlägt
in der immer schnelleren Folge immer heftiger auftretender Krisen.
2 Die Vorgeschichte der gegenwärtigen
multiplen Krise
Wer die Vorgeschichte der gegenwärtigen
multiplen, viele Aspekte umfassenden Krise verstehen will, sollte erklären
können, warum es zum schrittweisen Ende des keynesianisch orchestrierten
Modells eines regulierten Kapitalismus kam. Zum Auslaufen eines spezifischen
kapitalistischen Modells mithin, das in der Tat eine ganze Reihe von Jahren
scheinbar krisenfest, nur von vergleichsweise leichten Rezessionen geschwächt,
geglänzt hatte mit längst nicht mehr in den Zentren des Kapitalismus,
in den USA, Japan und Westeuropa erreichten (1.) hohen Wachstumsraten,
(2.) einem Rezessionseffekte mildernden, selbst in den USA in Ansätzen
(social security, medicare, medicaid, unemployment benefits, welfare) ausgebauten
sozialstaatlichen „sozialen Netz“, und (3.) einem relativ weit entwickelten
System korporatistischer „Interessenaushandlung“ zwischen der Kapitalseite
und den Gewerkschaften. Was wiederum führte zu relativ hohen (die
tatsächliche, im Arbeitsprozess erfahrene Entfremdung subjektiv partiell
kompensierenden, also scheinbar erträglich machenden) Lohnniveaus.
Und zwar weiter Teile der abhängig beschäftigten Bevölkerung,
übrigens nicht nur der mehr oder weniger qualifizierten Facharbeiter,
sondern auch mancher angelernter Bandarbeiter (z.B. in der Automobilindustrie)
und gewiß auch der mittleren Kader unter den Angestellten (white
collar workers).(11)
Und was, angesichts der angehobenen Massenkaufkraft, beitrug zum Erscheinungsbild
einer durch ein fordistisches Produktionsregime, das billige Massengüter
herzustellen versprach, ermöglichten „Konsumgesellschaft“.
Es kann kein Zweifel daran bestehen,
dass dieses scheinbar so erfolgreiche, nämlich Wirtschaftskrisen (bis
zu einem Grad, der manche vom Ende des Krisenzyklus bzw. business cycle
sprechen ließ) dämpfende und den sozialen Frieden in lange nicht
mehr gekannter Weise sichernde System des keynesianisch regulierten Kapitalismus
heute im wesentlichen passé und ad acta gelegt ist – selbst
wenn noch, in Gestalt hoher Militärausgaben und gewisser, zeitweise
zivile Investitionen fördernder staatlicher Programme, keynesianische
Instrumente isoliert zur Anwendung kommen.
Warum ging die Zeit des Keynesianismus
(manche sprechen von einem sozialdemokratischen Jahrzehnt, wiewohl es um
eine längere, aber in Westdeutschland z.B. ganz deutlich zwischen
1965 und 75 kulminierende Entwicklung geht) nach 1975 – in manchen Ländern
relativ schnell, in anderen offenbar zeitlich verzögert –
ihrem Ende zu? Und gibt es Chancen eines Wiederauflebens eines fundamental
keynesianisch geprägten, erfolgreich regulierten, die jetzige Krise
überwindenden Kapitalismus, wie manche – so Stiglitz, Krugman, aber
auch französische und deutsche Wirtschaftswissenschaftler – anzunehmen
scheinen?
Warum also, Schritt für
Schritt, im Gefolge der Weltwirtschaftskrise von 1973-75, der Übergang
zu einer Phase der neoliberalen Deregulierung, des Reallohnabbaus, der
Schwächung der Gewerkschaften, des Abbaus von Schutzrechten der Beschäftigten,
des Sozialstaats-Abbaus und der erheblichen Reduzierung der Unternehmenssteuern
und der Einkommenssteuer für die oberen Einkommen? Und dies bei gleichzeitiger
Anhebung der die breiten Massen relativ zum Einkommen am stärksten
treffenden direkten Steuern (value added tax, Mehrwertsteuer).(12)
Denn es kann kein Zweifel daran bestehen, dass genau dieser Weg -
wenn auch, wegen der unterschiedlichen Durchsetzungsbedingungen, der unterschiedlichen
Grade des Widerstands von unten, nicht völlig synchron – in den letzten
Jahrzehnten international beschritten wurde.
Das entscheidende, ausschlaggebende
neue Phänomen, dass die keynesianisch geprägte Politik aus der
Bahn warf und letztlich so stark diskreditierte, dass der Paradigmenwechsel
für die Kapitalseite und die politische Klasse in den „westlichen
Industrieländern“ scheinbar unausweichlich wurde, war die in den 70er
Jahren einsetzende, bis heute nicht wirklich überwundene – aber hinsichtlich
ihrer Kosten für das „Staatssäckel“ (und darum eben für
die Unternehmens- und andere Steuern zahlende Kapitalseite) im Vergleich
zu den 70er und 80er Jahren inzwischen erheblich weniger ins Gewicht fallende
– sogenannte Strukturkrise.
Diese Krise brachte, wie wir
wissen, eine in diesen Dimensionen über eine Reihe von Jahren nicht
mehr erlebte, also zeitweise verschwundene, nun aber erstmals seit der
Weltwirtschaftskrise von 1929ff. wieder unverhüllt in Erscheinung
tretende, langfristig andauernde statt nur als akutes, kurzfristiges Phänomen
auftretende Massenarbeitslosigkeit von bald schon wahrhaft enormen Ausmaßen,
die dem Versagen des keynesianischen Instumentariums angelastet wurde.
Diese Arbeitslosigkeit, die bald schon in einem solchen Ausmaß vorlag,
wie man es seit den 30er Jahren nicht mehr gekannt hatte, wurde dann allerdings
in der Folge, wie wir wissen, durch den in den USA und Westeuropa
in den 1980er Jahren stattfindenden Kurswechsel zu einer monetaristischen
Wirtschaftspolitik – welche vor allem die gleichzeitige Inflation in den
Griff zu kommen trachtete und zunächst einmal drastisch reduzierte
– noch deutlich verschärft. Joachim Hirsch und Roland Roth bezeichneten
Mitte der 80er Jahre das, was sich abspielte, als den „Niedergang der keynesianischen
Hegemonie“, der offensichtlich „globaler Natur“ war und sahen darin den
Effekt einer „Krise der Kapitalverwertung und der Akkumulationsstrategie“,
welche „die vielfältigen gesellschaftlichen Widersprüchlichkeiten
und Konflikte zu einem historischen Bruch“ verdichteten. (13)
Die Finanz- und Sozialpolitiker
nicht nur in den USA, sondern gerade auch in Westeuropa, wo das soziale
Sicherungsnetz umfassender war, hatten damals allesamt die Erfahrung machen
müssen, dass die ab 1973 deutlich zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit
im Verein mit den nun insgesamt relativ permanent hohen, wenn auch leicht
fluktuierenden Arbeitslosenquoten das soziale Sicherungssystem stark belastete
und Spielräume einer keynesianischen antizyklischen Politik staatlicher,
der Intention nach private Investitionen stimulierender Ausgaben verengte,
die aus einem anderen Grund ohnehin eng geworden waren. Die Grunderfahrung
der Finanzpolitiker, die durch antizyklisches „deficit spending“ den Weg
aus der Krise hätten ebnen müssen, war, dass eingesetzte staatliche
Mittel auf Grund einer inzwischen unübersehbaren Inflation „verpufften“.(14)
Die Unternehmen preisten inflationsbedingt in ihre Rechnungen das Mehr
an staatlichen Ausgaben, die auf Förderung einer unternehmerischen
Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze abzielten, gleich mit ein,
sodass ein Mehr an Mitteln für staatliche Projekte, deren Ausführung
an private Unternehmen vergeben wurde, nicht (wie in früheren Jahren
der Fall) automatisch ein Mehr an Arbeitsplätzen bedeutete.
Die Erscheinungsformen der Strukturkrise
sind unbestritten. Aber was waren (A) die Ursachen der massenhaften und
zum Teil langfristigen „Freisetzung“ von Arbeitskräften seit ca. Mitte
der 70er Jahre, und was war (B) die Ursache der Inflation? Hing beides
zusammen? Was davon, ging, wenn überhaupt, auf das Konto der keynesianisch
geprägten Wirtschafts- (und Sozial-) Politik? Und warum konnte die
keynesianisch geprägte Politik darauf offenbar keine zumindest die
Kapitalseite befriedigende Antwort mehr geben, wie sie es doch bislang
– seit dem New Deal, in gewissem Sinne sogar im Zweiten Weltkrieg, und
dann seit dem Koreaboom bis zum Anfang der 70er Jahre getan hatte?
Auf die letzte Frage, nach der
in den 70er Jahren versagenden „Antwort“ des Keynesianismus, ist die Antwort
bereits gegeben worden: die Inflation machte die Spielräume, machte
also die Wirksamkeit des Instruments, das zusätzliche Staatsausgaben
in Krisenzeiten dargestellt hatten, zunichte.
Was die in den 70er Jahren ansteigenden
Arbeitslosenquoten angeht, so waren sie nicht zuletzt eine Folge eines
Nachfragerückgangs auf Seiten der Konsumgüter nachfragenden Massen,
der mit einer seit den 60er und erst recht in den 70er Jahren sich
bemerkbar machenden, reale Kaufkraft abschöpfenden Inflation
zusammenhing, wobei der Kaufkraftverlust durch Lohnerhöhungen nicht
hinreichend kompensiert wurde. Andererseits hing die sich auf die Nachfrage
nach Arbeitskräften auswirkende stagnierende oder zurückgehende
Nachfrage nach Konsumgütern ihrerseits insofern wieder mit diesem
Anstieg von Arbeitslosigkeit zusammen, als letzterer sich negativ auf die
Lohnsumme auswirkte und dadurch einen weiteren Nachfragerückgang auslösen
musste.
Die Inflation war allerdings
nicht der einzige auslösende Faktor der negativen Entwicklung auf
dem Arbeitsmarkt. Denn dieser (und damit der Umfang der Massenkaufkraft)
war außerdem zum einen beeinflusst von dem in den 60er Jahren einsetzende
Export von Arbeitsplätzen und einer beginnenden Deindustrialisierung,
die bald zur Rede von den zu teuren, nicht zu haltenden „alten Industrien“
in allen Industrieländern der „westlichen Welt“ führen sollte.
Hinzu kam aber zweifellos eine
weitere Tendenz, nämlich die Freisetzung von Arbeitskräften auf
Grund technologischer Innovation. Gemeint sind hier die quer zur Produktionsauslagerung
der Unterhaltungselektronik-Industrie, der Textilindustrie, der Schuhindustrie,
der Reifenindustrie usw. stehenden Effekte der Kapitalinvestition zwecks
Modernisierung der produktiven Basis (so in Gestalt einer beginnenden Automatisierung).
Und zwar an den nach wie vor in den Zentren des Kapitalismus befindlichen
„interessanten“, oft auch marktnahen Standorten der international besonders
stark in den Kampf um Marktanteile verwickelten oligopolistischen Konzerne
z.B. der Automobilindustrie, der Chemie- und Pharmaindustrie u.ä.,
was auf Grund einer oft deutlich gesteigerten Produktivität zu konzern-
und spartenspezifischen Grenzen der Nachfrage nach Arbeitskräften
und in Rezessionen zu Entlassungen führen musste.
Vielleicht sind aber auslagernde
und an alten Standorten modernisierende Strategien gar nicht immer unvereinbar
gewesen, sondern konnten unter Umständen im selben Konzern in koordinierter
Weise Seite an Seite praktiziert werden.
In der Tat liefen beide Strategien
auf eine Drosselung des Bedarfs an Arbeitskräften an Standorten in
der sogenannten „Ersten Welt“, also im entscheidenden Experimentierfeld
keynesianischer, auf Vollbeschäftigung abzielender Wirtschafts- und
Sozialpolitik hinaus: Die vermutlich schon in den 60er Jahren angedachte,
um 1970 herum bereits deutlich zur Wirklichkeit werdende global factory
als Strategie der Konzerne, die Rendite zu erhöhen, indem man die
Produktion von „Komponenten“ (parts and components) in „Billiglohnländer“
– in den eine Vorlaufphase darstellenden 60er Jahren noch nach Japan, dann
vor allem nach Süd-Korea, in die chinesische Inselprovinz Taiwan,
nach Hong Kong und Singapur – auslagerte, hat in der sogenannten
„Ersten Welt“ verheerende soziale Konsequenzen gezeitigt.(15)
Die international operierenden Konzerne setzten in der Folge immer stärker
auf eine sogenannte „virtual factory“ koordinierter Produktionsabläufe,
die im Mutterkonzern und an den diversen, in der Welt verstreuten Produktionsstandorten
der mit dem multinational operierenden Konzern vernetzten Subunternehmer
(den „subcontractors“ als abhängigen Partnern) sowie bei Bedarf in
eigenen Abteilungen und Tochtergesellschaften im Ausland („subsidiaries“)
stattfanden und bald auch im Sinne eines logistisch ausgefuchsten „just
in time“ Konzepts auf einander abgestimmt waren.(16)
Und zwar mit dem primären Ziel der Reduzierung der Produktionskosten,
aber auch mit dem bisweilen nicht unwichtigen Ziel, nah an der Nachfrage,
an den Märkten zu produzieren, wenngleich niedrige (und – muß
man heute hinzufügen – unter ökologischen Gesichtspunkten viel
zu niedrige) Frachtkosten zumindest bei den in Ostasien für den US-amerikanischen
und westeuropäischen Markt bestimmten Massenkonsumgütern diese
Erwägung außer Kraft setzten.
Wieso aber hatte eine keynesianisch
geprägte, vorgeblich rational die spontanen Ungleichgewichte der kapitalistischen
Produktionsweise „korrigierende“ Wirtschaftspolitik das Entstehen einer
Inflation von erheblichem Gewicht und sogar – schlimmer noch – einer „Stagflation“,
also einer mit inflationärer Preisentwicklung verknüpften wirtschaftlichen
Stagnation nicht verhindern können, nachdem das keynesianische Instrumentarium
ja über Jahre hinweg nicht nur hohe Wachstumsraten, sondern auch die
Minimierung rezessionsartiger Erscheinungen zu sichern schien?(17)
Zunächst einmal ist zu sagen,
dass bei allen positiven arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Effekten,
welche der von den „westlichen“ Regierungen praktizierte Keynesianismus
ohne Frage gezeitigt hat, die ideologische „Erzählung“ der Keynesianer,
zumindest der unbedarfteren unter ihnen, dass so die Krisenhaftigkeit des
kapitalistischen Systems überwunden worden sei, in den Bereich der
Ammenmärchen gehört.
In Nazi-Deutschland ist die über
Staatsschulden finanzierte, der Rüstung und Infrastrukturprojekten
„zugute“ kommende Wirtschaftsankurbelung schon 1936 an ihre Grenzen gestoßen
und der 1938 erfolgende Einmarsch in Österreich, dann der Einmarsch
in der Tschechoslowakei und der 1939 vom Zaum gebrochene Zweite Weltkrieg
waren es vor allem, die von der sich erneut ankündigenden Krise ablenkten.
In den USA haben die Infrastrukturprojekte
der Roosevelt-Regierung das Land durchaus nicht zügig aus der langanhaltenden
Wirtschaftskrise geführt und die Sozialpolitik milderte nur zögerlich
die Massenarmut. Erst der Krieg brachte ab 1941 eine erhebliche Zahl neuer,
relativ gut bezahlter Jobs. Und die Einberufung von Millionen junger Menschen
in die Armee milderte den Druck der Beschäftigung Suchenden auf den
Arbeitsmarkt. Unmittelbar nach Ende des Kriegs (also 1945/46/47) kam es
trotz keynesianischer Orientierung zu einem Wirtschaftseinbruch in den
USA, aus dem dann recht eigentlich erst der Korea-Boom herausführte.
In Westeuropa finanzierte der
Marshall-Plan zumindest teilweise den Wiederaufbau.(18)
Angesichts
des Ausmaßes der kriegsbedingten Zerstörung mussten sich die
Unternehmen und die Wirtschaftspolitiker um mangelnde Nachfrage keine Sorge
machen und die USA sicherten, wie gesagt, weitsichtig – auch im Kontext
des einsetzenden Kalten Kriegs – einen beachtlichen Teil der Finanzierung.
Wobei, mit zunehmender „Gesundung“ der westeuropäischen Volkswirtschaften,
die ja ohne Frage von der Rekonstruktion ihrer produktiven Basis abhing,
auch US-amerikanische Firmen von den wieder in Gang kommenden transatlantischen
Geschäftsbeziehungen profitierten. Eine hübsche Anekdote in diesem
Kontext erwähnt den rasant ansteigenden Konsum von Coca Cola durch
die Abgeordneten des westdeutschen Bundestags in den frühen 1950er
Jahren.
Die 50er und 60er Jahre waren
Jahre hoher Wachstumsraten – zumindest im westlich geprägten
Teil der industrialisierten Welt – auch wegen des eklatanten Mangels,
der zumal in Europa zu überwinden war. Der Rüstungswettlauf des
Kalten Kriegs spielte als wichtiger, in gewissem Sinne geradezu keynesianisch
anmutender Ausgabenfaktor mit hinein in dieses Bündel von Faktoren,
die Vollbeschäftigung als Normalfall erscheinen ließen und steigende
Realeinkommen der Lohn- und Gehaltsabhängigen in diesen Jahren in
den USA und auch in Westeuropa, mit Ausnahme seiner südlichen Peripherie,
nachgerade zur „Selbstverständlichkeit“ machten.
Nun ist aber, unabhängig
von der Anwendung keynesianischer Instrumente in der staatlichen Wirtschaftspolitik,
auch für Wirtschaftsliberale der Zusammenhang zwischen „Vollbeschäftigung“
bzw. Arbeitskräfteknappheit in einer expandierenden Volkswirtschaft
und der Fähigkeit von Gewerkschaften, unter diesen Bedingungen Reallohnerhöhungen
durchzusetzen, nicht überraschend. Er entspricht sozusagen der „Marktlogik“
und gilt ihnen als bloßes Resultat des Verhältnisses von Angebot
und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Die Differenz zwischen Keynesianern
und Wirtschaftsliberalen besteht darin, dass erstere diesen Effekt wollen,
während letztere „Vollbeschäftigung“ nicht für wünschenswert
halten, wegen des ihrer Ansicht nach „fatalen“ Effekts anziehender Reallöhne,
also eines Drucks auf die Profite.
Das in gewissem Sinne kontingente
Faktum, welches das keynesianisch modifizierte kapitalistische Akkumulationsregime
der 1950er und 60er Jahre am deutlichsten aus der Bahn warf, ist offenbar
der ab Mitte der 60er Jahre an Intensität zunehmende, sehr kostspielige
Vietnam-Krieg.(19)
Eine erste Reaktion auf den kriegsbedingten Anstieg der Inflation in den
USA war übrigens die den US-Interessen entgegenkommende, 1971 gemeinsam
getroffene Entscheidung der zehn führenden westlichen „Wirtschaftsmächte“
(Group of Ten), den 1944 in Bretton Woods vereinbarten Gold Exchange Standard
aufzugeben und den US-Dollar – damit aber letztlich alle Währungen
– „floaten“ zu lassen. Eine Entscheidung, die sich schon 1967 mit der Attacke
der Währungsspekulation auf das britische Pfund und dem gleichzeitigen
Hochtreiben des Goldpreises abzeichnete bzw. schon 1968 vorankündigt
wurde, als der Kongress die Regelung aufhob, wonach für ein Viertel
der US-Währung Goldreserven vorrätig zu halten seien.
Kritiker der keynesianischen
Wirtschaftspolitik haben oft und z.T. aus guten Gründen argumentiert,
dass diese Politik die ständig neu auf ein Desequilibrium, ein Ungleichgewicht
hinauslaufende kapitalistische (Welt-)Marktdynamik nicht wirklich rational
kompensierend in ein Gleichgewicht zurückversetzt, dass sie vielmehr
die dieser Logik einbeschriebenen Negativeffekte – statt sie in Krisen
periodisch akut zur Erscheinung kommen zu lassen – vor sich herschiebt
und somit gleichsam akkumuliert. Sodass die Stagflation, die Mitte der
70er Jahre unverkennbar wird, nur die in den Zeiten der gemilderten oder
ganz verhinderten „Rezessionen“ erfolgende Anhäufung der Probleme
ist, die ansonsten in scharfen Krisen eine andere, disruptivere aber weniger
langanhaltende Form angenommen hätten. Es ist bekannt, dass Wirtschaftsliberale
von der „reinigenden Kraft der Krisen“ sprechen. Aber auch sie verkennen
etwas: Jede scharfe Wirtschaftskrise treibt den Prozess der Kapitalkonzentration,
des Verschwindens, also Bankrottgehens der Schwachen, des „Schluckens“
der „Kleinen“ durch die „Grossen“, der Fusionen (mithin von „mergers and
acquisitions“) weiter auf die Spitze. Und auch dieser zweifellos Marktmacht
auf Kosten der vielen individuellen Nachfrager (Nachfragern, wohlgemerkt,
nach Arbeit wie nach Konsumgütern) konzentrierende Prozess der Oligopol-
und z.T. Monopolbildung (letzteres wenigstens auf regionalen Märkten,
wie im Fall der Energieerzeugung und –versorgung) führt – wenn auch
in anderem Sinn als die in den 70er Jahren in Stagflation endende keynesianische
Wirtschaftspolitik – zu einem ausweglosen Impassé: zu einer Überakkumulationskrise,
die vor die Notwendigkeit stellt, große Teile des akkumulierten Kapitals
spekulativ (auf den Finanzmärkten, Immobilienmärkten, den commodity
markets, usw.) anzulegen oder zu thesaurieren oder z.B. in Kriegen um zu
erringende oder zu verteidigende Vorherrschaft zu verausgaben. Und das,
weil die andere Seite dieser exzessiven, zu erfolgreichen Kapitalakkumulation
eine Unterkonsumption, eine mangels Kaufkraft der potentiellen Nachfrager,
mithin eine weit hinter den realen Bedürfnissen zurückbleibende
realisierte Nachfrage der Massen ist.
Die Ausgereiztheit der keynesianischen
Variante kapitalistischer Krisenbewältigungspolitik war in den 70er
Jahren gewiss auch der von der Politik nicht länger rein antizyklischen
Handhabung des von Keynes vorgeschlagenen Instrumentariums geschuldet.
Paul Mattick hatte wohl recht, als er zeigte, dass die Währungsturbulenzen
der 70er Jahre, die Krise von 1973-74, und die sich dann immer stärker
zur Geltung bringende Stagflation in besonderem Maße den ungeheuren
Kosten des Vietnamkriegs der 60er und 70er Jahre geschuldet waren. Aber
– so ist zu fragen – war diese Verwässerung der reinen Lehre eines
John Maynard Keynes unter dem real-, also machtpolitischen Gesichtspunkt
der Hegemonialinteressen der USA überhaupt vermeidbar gewesen? Theorien
auch wirtschaftswissenschaftlicher Art werden nicht unter abstrakten Bedingungen,
sondern in konkreten, historisch hervorgebrachten, sozialen Kontexten zur
Anwendung gebracht. Und so stellt man wohl, zurückblickend, aus gutem
Grund die Frage: war nicht in den 60er und 70er Jahren die US-amerikanische
Politik des immerwährenden, über die Notenpresse finanzierten,
also beileibe nicht antizyklischen Herauftreibens der Kriegs-, also Staatsausgaben,
auch eine notwendige Folge des realen politökonomischen Gewichts des
„militärisch-industriellen Komplexes“, wie Eisenhower diese Konstellation,
dieses Interessennetzwerk von Industrieunternehmen samt ihren Groß-Aktionären,
darunter Banken, von Militärs und Kongressabgeordneten nannte? Also
eine Folge der realen innerhalb der herrschenden Klasse gegebenen Kräfteverhältnisse,
welche zugunsten bestimmter, an Extraprofite gewöhnter, durchsetzungsfähiger
Kapitalfraktionen ausschlugen?
Empirisch nachweisbar ist jedenfalls,
dass die damaligen Verantwortlichen in der US-Regierung mit ihrem längst
nicht mehr nur antizyklischen, sondern ständigen „deficit spending“
in der Klemme waren. Die Rüstungsausgaben ermöglichten diversen
großen Unternehmen zwar Extraprofite. Die Gewerkschaften hatten zwar
für erhebliche Teile der Arbeiterschaft hohe Löhnen in
der insgesamt vom Rüstungsboom profitierenden Wirtschaft aushandeln
können. Aber, wie Mattick zeigte, entsprach der dadurch gewachsenen
Lohnsumme, die allen Beschäftigten in den USA zuteil wurde,
keine entsprechend vermehrte Menge an für den zivilen Markt bestimmten
Waren; die Rüstungsgüter, für deren Herstellung Löhne
gezahlt und bei deren Herstellung ein Mehrwert realisiert wurde, landeten
ja nicht auf dem zivilen Markt; sie wurden dem Markt entzogen und waren
letztlich, ohne in den Warenkreislauf eingetreten zu sein, zur Vernichtung
bestimmt. Damit verschärfte sich marktwirtschaftlich ein Ungleichgewicht:
Inflation auf dem inneramerikanischen Markt war die Folge.
Dank der hegemonialen Position
der USA und der Rolle des US-Dollars als Leitwährung blieb den US-„Eliten“
jedoch die Möglichkeit zur Milderung ihrer Krise durch den Export
der „hausgemachten“ Inflation.
Einen ersten Schritt zur Ermöglichung
einer solchen Politik hatte nach dem Zweiten Weltkrieg die Abkoppelung
des US-Dollars (als Leitwährung) vom Goldstandard ermöglicht.
Den endgültigen Dammbruch bedeutete aber die bereits erwähnte
Aufgabe des Systems der festen Wechselkurse, das übrigens schon als
System der „fixierten“ – statt ständig variabel dem Spiel von Angebot
und Nachfrage auf den Devisenmärkten unterworfenen – Kurse vom
stärksten global player, dem USA, durch Kurs-Neufestsetzung zum eigenen
Vorteil manipuliert werden konnte.
Der Vietnamkrieg, den die USA
erst 1975 beendeten, und der Export der Inflation in die Länder ihrer
Handelspartner hat damals die Stagflation zwangsläufig für einige
Jahre zu einem beinahe weltweiten Phänomen gemacht. Eine Stagflation
ergab sich gleichsam zwingend aus dem Zusammentreffen zweier Grundtendenzen.
Sie ergab sich (1.) aus dem teilweisen Wegbrechen der Binnennachfrage in
den „westlichen Industrieländern“ als Folge der zunehmenden Arbeitsplatzvernichtung
(a) durch „Auslagerungen“ („Arbeitsplatzexport“) und (b) durch technologische
„Modernisierung“, als Folge mithin von Massenentlassungen, was –
auch über den jetzt verstärkt ausgeübten Drucks auf die
Löhne – zu einem Stagnieren der (nominalen, d.h. nicht preisbereinigten)
Lohnsumme führen musste. Und sie resultierte (2.) aus dem Anziehen
der Preise, welche die großen Anbieter auf den Binnenmärkten
dennoch durchsetzten, indem sie die Geldentwertung „einpreisten“, was wiederum
ihrem Absatz auf den nationalen Märkten, auf dem ihr hauptsächlicher
Standort war, Grenzen setzen musste. Die westeuropäischen und japanischen
Anbieter suchten in der Folge noch deutlicher als ohnehin schon üblich
gewesen war, unzureichende Nachfrage auf dem Binnenmarkt durch Exporte
zu kompensieren, während das US-Kapital dazu neigte, unzureichende
zivile Nachfrage durch Stimulierung und Bedienung der Nachfrage nach militärischen
Gütern zu kompensieren, was wiederum der Inflation Auftrieb gab.
Die Stagflation war das entscheidende
Phänomen, das den Paradigmenwechsel angesichts der damals vorherrschenden
Ratlosigkeit nahezu unausweichlich machte.
Es erfolgte in der Konsequenz
der Wechsel von der mehr oder weniger keynesianischen kapitalistischem
Wirtschaftspolitik, die Franklin Delano Roosevelts New Deal in den USA
und auf durchaus vergleichbare Art auch die kriegsvorbereitende sowie Kriegswirtschaft
der Nazis in Deutschland) eingeleitet hatten, zu einer von der Chicagoer
Schule, also von Milton Friedman und anderen befürworteten neo-liberalen
Wirtschaftspolitik. Es war genau diese neo-liberale, monetaristische Politik,
die dann in der zweiten Hälfte der 70er Jahre zuerst in Chile unter
Pinochet in vollem Umfang getestet werden konnte, da dort sofort durch
das auf faschistische Methoden zurückgreifende Putschregime jeder
zivile, soziale Widerstand der Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung
gebrochen war. Es fehlte in Chile, dem Testfeld oder Laboratorium der „Chicago
boys“, also jener Faktor, der zumindest in Westeuropa oft die brutale,
schnelle Umsetzung der neo-liberalen Prämissen erschwerte, sodass
hier – sieht man einmal vom Großbritannien der 80er Jahre ab, wo
die Thatcher Regierung auf eine „Schocktherapie“ setzte – eher Schritt
für Schritt, im Sinne einer Salamitaktik, soziale Errungenschaften
liquidiert werden mussten.(20)
Was dann rasant und tatsächlich
sehr brutal erst seit dem Wegfall der sogenannten „Systemkonkurrenz“ (also
ab 1989-91) möglich wurde.
3 Die Weltwirtschaft unter der
Peitsche des Neo-Liberalismus
Das Dominant-Werden der mit den
Begriffen global factory und virtual factory benannten der Strategie, welcher
die Absicht zugrunde lag, die im Kontext des keynesianischen Regulationsregimes
unübersehbar zum Tragen kommende langfristige Tendenz fallender Durchschnitts-profitraten
zu stoppen und umzukehren, hat längst zu unübersehbaren Deindustrialisierungs-
und Umstrukturierungsprozessen in den alten Industrieländern des kapitalistischen
Weltsystems geführt. Und dies mit der Konsequenz von „rust belts“
im Nordosten der USA, im französischen Lothringen und Departement
du Nord, in der belgischen Wallonie, im westdeutschen Ruhrgebiet. Sie hat
im wesentlichen das Aus für die Schuh- und Textilindustrie in
der „Ersten Welt“ gebracht. Und schon früh die Auslagerung der Auto-
und Flugzeugreifen-Industrie, um nur die augenfälligsten Beispiele
zu nennen. Goodyear z.B. hatte schon in den 70er Jahren den zentralen Produktionsstandort
der Firma in Akron, Ohio in einen Verwaltungssitz (das company headquarter)
verwandelt und produzierte z.B. Flugzeugreifen für die U.S. Air Force
mit Vorliebe nah an den Nachfragern, auf den Philippinen für den Krieg
in Vietnam, in der Türkei und in Spanien für Standorte in Westeuropa.
Die Herstellung von Fernsehgeräten wie überhaupt der Unterhaltungselektronik
der unteren und mittleren Preiskategorie war ebenfalls schon Mitte der
70er Jahre weitgehend – z.B. von Ford Philco und von Philips – nach Fernost
verlagert. Die Automobilindustrie ist seither, was nicht nur Elektronikkomponenten
betrifft, diesem Beispiel gefolgt.
Die Folge der Verlagerungen von
Produktionsabläufen – im US-amerikanischen Fall, besonders nach
dem Inkrafttreten des NAFTA –Abkommens (North American Free Trade Agreement),
zunehmend auch an grenznahe Standorte in Mexiko – waren „Freisetzungen“
von Arbeitskräften sowie erheblicher Druck auf die Löhne der
Beschäftigten in den USA und bald auch in Westeuropa. Die Lohnsumme
und damit die Nachfrage stagniert dort, während seither die Gewinne
wieder explodiert sind. Die Exportindustrien haben auf Kosten der Binnenkonjunktur
an Gewicht gewonnen; die rein spekulativen Verwertungsprozesse im Bereich
der Finanz-, Rohstoff-, Devisen- und Immobilienmärkte haben an Gewicht
gewonnen, aber ihre „Volatilität“ ist erheblich.
Dieser Prozess setzt deutlich
vor den 90er Jahren ein. Er fällt in seiner Anfangsphase zum Teil
noch in eine Periode sich offiziell als keynesianisch verstehenden Regierungshandelns,
verlief aber selbst damals schon im wesentlichen nicht mehr unter keynesianischen
Vorzeichen. Es kam gewissermaßen zu dem, was man im Sport einen fliegenden
Wechsel nennen würde. Zu einem qualitativen Umschlagen, mit anderen
Worten. Je höher die Zahl der „Freigesetzten“, die langfristig freigesetzt
blieben, angeschwollen war, desto ineffizienter war das keynesianische
Instrumentarium geworden, das ihre Reintegration in den Arbeitsmarkt hätte
bewirken sollen, was es aber nicht mehr schaffte. Und desto unvermeidlicher
hatte der Kapitalseite, dem Regierungspersonal und seinen Experten ein
(in vielen Fällen schrittweise vollzogener) Kurswechsel geboten erscheinen
müssen.
Inzwischen sehen wir die Folgen
des Kurswechsels. In der Tat gelang es, dem profit squeeze, der „Profitklemme“
also, zuleibe zu rücken.(21) Doch
mehr denn je seit der Zeit vor der 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise,
die in die Grosse Depression mündete, sind heute die breiten Massen
von der enormen Konzentration weltweit gesellschaftlich produzierten Reichtums
abgekoppelt. Auch in der „Ersten Welt“. Und die Fähigkeit der Finanz-
und Industriepolitik, mindestens in dieser „Ersten Welt“ die zunehmenden
Widersprüche zu kitten und zu verschleiern, nimmt weiter schonungslos
ab.
Eben diese Tendenz hin zu einer
mittlerweile deutlich rasanter als unter dem alten Paradigma erfolgenden
Überakkumulation ist es, welche wir den neo-liberalen Korrekturen
an der noch Mitte der 70er Jahre systematisch verfolgten keynesianischen
Wirtschaftspolitik verdanken. Sie ist das Ergebnis, welches uns die letztendliche
Aufgabe eines regulierten Kapitalismus, einer staatlichen Interventionsstrategie
im Sinne von aktiver Industrie- und Sozialpolitik zugunsten einer neo-liberalen
Strategie gebracht hat.
Wir bemerken rückblickend
die bereits in den 70er Jahren einsetzenden, aber seit den 1990er Jahren
bewusst durch die nun vorherrschende Politik und die veränderten Praktiken
der Kapitalseite beschleunigten gesamtgesellschaftlichen Umverteilungsprozesse,
die immer mehr gesellschaftlich produzierten Reichtum in immer weniger
Händen konzentrieren sollten. Was selbst konformistische, des Nachdenkens
fast schon entwöhnte Journalisten von einer „Umverteilung von unten
nach oben“ sprechen lässt und davon, dass „die Reichen immer reicher,
die Armen immer ärmer werden“. Obwohl diese Diskurse nichts erklären,
kommen sie doch an der eklatant ins Auge springenden Empirie nicht vorbei.
Unbezweifelbar ist in den USA
und in Europa längst schon das Faktum der im Durchschnitt nicht mehr
nur stagnierenden, sondern inzwischen auch wieder negativen Entwicklung
der Realeinkommen der Bevölkerungsmehrheit. Was im globalen Zentrum
der Kapitalakkumulation, also in den USA, inzwischen auch zum weitgehenden
Verlust der Fähigkeit des Wirtschaftssystems geführt hat, einer
Erodierung der Nachfrage breiter Bevölkerungsschichten durch das Instrument
der Konsumentenkredite entgegenzuwirken. (22)
Es ist nicht zu verkennen, dass
die im statistisch ermittelten Konjunkturverlauf ablesbaren kapitalistischen
Krisen bereits ab der Krise von 1973/74 erneut an Schärfe gewannen.
Inzwischen treten sie in immer kürzeren Abständen in Erscheinung.
Heute lässt allerdings die
sogenannte Finanzkrise – eine logische Folge des immer stärkeren
Setzens auf spekulative Anlageformen, die wiederum ein Ausfluss der unübersehbaren
Kapitalverwertungs-Schwierigkeiten im Bereich der sogenannten realen, und
zwar vor allem der produzierenden Wirtschaft sind (wo nur noch relativ
„neue“ Standorte und Märkte – allen voran China, Indien sowie Brasilien
„Auswege“ eröffnen und „Atempause“ verschaffen) – den Ruf nach einem
ökonomischen „Regimewechsel“ ein zwar noch vorsichtiges, aber erkennbares
Echo finden. Man erwägt also ein Zurückschwenken zu mehr Regulation
und zu alten und „neuen“ keynesianischen Rezepten in Politikerkreisen und
unter Wirtschaftswissenschaftlern.
Aber welche Antworten, welche
Chancen bietet eine Rückkehr zum Keynesianismus und zu Neuauflagen
eines „New Deal“?
4 Gute oder schlechte Aussichten?
Wohin wollen wir „gehen“?
Vor allem sich als fortschrittlich
verstehende bürgerliche Wirtschaftswissenschaftler kritisieren heute
die Deregulierung, die in den USA durch die Aufhebung des Glass-Steagall
Act unter Clinton im Jahre 1999 einen entscheidenden Dammbruch in Richtung
auf ein fast ausschließlich finanzmarktgetriebenes „Wirtschaftswachstum“
brachte.(23)
Im Unterschied zu ihren Kritikern übersehen Apologeten dieses Wachstums
oft, dass es nicht nur die Finanzmarkt-Volatilität sowie –
angesichts der Auswirkungen der Finanzmarktentwicklung auf die sogenannte
reale Wirtschaft – die Instabilität des Wirtschaftssystems und
letztlich die Krisen verschärfte. Sondern dass es zugleich mit der
tendenziellen „Explosion“ der Gewinne eine bislang statistisch mehr oder
weniger geschickt verschleierte inflationäre Tendenz verstärkt
hat, die längst vor Ausbruch der Krise in Erscheinung trat und die
in der jetzigen Krise im wesentlichen anhält. Die Rede ist hier von
einer Preisentwicklung bei den Mieten, Nahrungsmitteln, einigen weiteren
Gütern des täglichen Bedarfs und bei den Kosten von Strom,
Gas, Wasser, Benzin usw., von der vor allem die lohnabhängigen Beschäftigten
– und hier die untersten Einkommensgruppen auf besonders negative Weise
– betroffen sind. Etwa in der Art, dass heute die Zahl der obdachlosen
Familien in den USA eine Rekordhöhe erreicht und dass über 30
Millionen US-Amerikaner hungern und immer mehr „arbeitende Arme“ nicht
mehr wissen, wie sie die Stromrechnung, Miete oder die Hypothekenzinsen
sowie ab der Monatsmitte noch das tägliche Essen bezahlen sollen.
An die Bedienung ihrer Kreditkartenschulden ist unter solchen Umständen
kaum noch zu denken.
Für die einen erneuten Paradigmenwechsel
befürwortenden „fortschrittlichen“ Ökonomen wie Stiglitz, Krugman
usw. deutet sich mit einer Rückkehr zum Keynesianismus eine erneute
Chance für die Sozialpolitik ebenso wie eine Möglichkeit der
regulativ betriebenen Einschränkung der Finanzmarktspekulation an.
Aber die Politik, die Keynes
befürwortete, hatte immer hohe Wachstumsraten und dadurch garantierte
kapitalistische Verteilungsspielräume zur Voraussetzung. Die ökologische
Krise als Moment der gegenwärtigen mehrere Aspekte (ökonomische,
soziale, usw.) umfassenden fundamentalen Systemkrise verbietet aber geradezu
grenzenloses Wirtschaftswachstum, also eine in altbewährter Manier
auf „growth“ setzende Politik.
Des weiteren hat die keynesianische
Politik immer die Umsetzung eines kredit-, also auf dem Wege der Staatsverschuldung
finanzierten, privatkapitalistische Investitionen stimulierenden staatlichen
Interventionismus verlangt. In den 70er Jahren war diese Politik, welche
die Aufstockung von Staatsschulden in Krisenzeiten und ihre Rückführung
in Boomzeiten vorsah, bereits so weit in einem Schlamassel gefangen, dass
sie von bekämpfter Rezession zu anschließender wirtschaftlicher
Erholung zu neuer Rezession ad infinitum die staatlichen Schulden in die
Höhe trieb. Es war dies eine Politik, die dann – vor allem, aber nicht
nur in den USA – allen gegenteiligen Versprechungen zum Trotz die vom Monetarismus
der „Chicago boys“ angetane Wirtschaftspolitik der zum Neo-Liberalismus
konvertierten „Eliten“ fortsetzte. Sodass heute die Staatsverschuldung
höher ist denn je. In den USA laufen die Notenpressen auf Hochtouren
und selbst in Großbritannien werden laut Nick Clegg, dem Vize-Premierminister,
täglich 400 Millionen Pfund Sterling (das entspricht ca. 456 Millionen
Euro) gedruckt und in Umlauf gebracht.(24)
Unklar mag sein, welchen präzisen inflationären Effekt das haben
muss. Aber dass unter den Bedingungen einer bereits außerordentlich
hohen Staatsverschuldung (mit der die US-Amerikaner und die Europäer
im Jahr 2007 in die derzeitige Krise gingen, statt mit ihr aus der Krise
herauszukommen) und einer unbezweifelbar erheblichen, wenn auch statistisch
kleingerechneten Inflation die Spielräume für einen innerhalb
der kapitalistischen Logik verbleibenden – letztlich über Anleihen
auf den Finanzmärkten finanzierten – keynesianischen Interventionismus
minimal sind, dürfte offensichtlich sein.
Wohin also, wenn auch das neo-liberale
Modell gescheitert ist und seine Applikation uns in die schlimmste Sackgasse
geführt hat, welche die dem derzeit (noch) bestehenden Wirtschaftssystem
ausgesetzten Menschen sowie das Ökosystem unseres Planeten je erlebten?
Offensichtlich ist mehr denn
je ungewiss, ob in dieser Situation der Keynesianismus einen echten Ausweg
anbieten kann, selbst wenn wir ihm zutrauen sollten, vorerst einige der
schlimmsten sozialen Missstände und der bösartigsten Auswirkungen
der Finanzmarktspekulation zu mildern.
(27.7.2011)
Anmerkungen
(1) Leonardo BOFF kritisisiert, dass die derzeitigen
von den Regierungen der G-20 Staaten ausgehenden Versuche, durch gewisse
Kontrollmechanismen das Funktionieren des realwirtschaftlichen und Finanz-Systems
(sistema econômico-financeiro) zu sichern, im wesentlichen auf ein
Weitermachen wie bisher hinauslaufen: es geht darum, mit einem Minimum
an Investitionen mehr zu verdienen, auf dem Markt zu konkurrieren und den
Stress, dem die Natur [durch das Wirtschaftssystem] ausgesetzt ist sowie
die Armut als „externalities“ zu behandeln. Boff unterstreicht, dass das
Wachstum, um das es den Repräsentanten der G-20 Länder als unverzichtbar
angesehen wird, das ökologische Gleichgewicht des Planeten opfert
und den skandalösen Graben zwischen Reichen und Armen perpetuiert.
Siehe dazu L. Boff, „A voz das vítimas quem a escutará?“,
in: Tlaxcala http://www.tlaxcala.es/pp.asp?lg=po&reference=7767
und besonders zur ökologischen Krise auch L.Boff, „Overextension
and Collapse of the World System?“, in: Tlaxcala http://www.tlaxcala.es/pp.asp?lg=en&reference=8453.
Zur ökonomischen Krise u. a. Karl Heinz
Roth, „Globale Krise – Globale Proletarisierung – Gegenperspektiven“, in:
Wildcat http://www.wildcat-www.de/aktuell/a068_khroth_krise.htm;
Karl Heinz Roth, Die globale Krise, Hamburg (VSA) 2009 [Band 1 des Projekts:"Globale
Krise – Globale Proletarisierung – Gegenperspektiven" ]; [Blätter
für Deutsche und Internationale Politik (Hrsg.)], .Das Ende des Kasino-Kapitalismus?
Globalisierung und Krise. Berlin (Blätter-Verlags-Gesellschaft)
2009 [Mit Beiträgen von Elmar Altvater, et al.]; ferner
Mike Konczal, „From Mass Prosperity to Severe Recession in Fifty Years“,
in: The Nation, 19.Juli 2011, http://www.thenation.com/article/162141/mass-prosperity-severe-recession-fifty-years;
sowie, aus neo-keynesianischer Perspektive: Joseph E. Stiglitz, The Stiglitz
Report: Reforming the International Monetary and Financial Systems in the
Wake of the Global Crisis; New York, NY (New Press ) 2010.
Zur Krise der Demokratie u.a. José
Saramago, der sagt: „A democracia em que vivemos é uma democracia
sequestrada, condicionada, amputada..." – Die Demokratie, in der wir leben,
ist eine beschlagnahmte, konditionierte, amputierte. (José
Saramago, „José Saramago - falsa democracia [Falsche Demokratie]“,
auf Video aufgenommene Stellungnahme, in: http://www.youtube.com/watch?v=m1nePkQAM4w);
ferner: Stéphane Hessel, Empört Euch!, Berlin (Ullstein) 3.Aufl.2011;
Alain Badiou / Jacques Rancière, Politik der Wahrheit. Hrsg. und
aus dem Franz. übers. von Rado Riha, Wien (Turia+Kant) 2010; Jean-Luc
Nancy; The Truth of Democracy, New York (Fordham Univ Press) 2010 sowie
Giorgio Agamben ; Alain Badiou ; Slavoj Žižek ; Jacques Rancière
; Jean-Luc Nancy ; Wendy Brown ; Daniel Bensaid ; Kristin Ross, Démocratie,
dans quel état? Paris (Fabrique Éd.) 2009.
(2) Während die hohe Staatsverschuldung
ein generelles Problem ist, wie die Auseinandersetzung über das Budget
Defizit in den USA zeigt, sind es vor allem wirtschaftlich marginalisierte
Länder, bei denen man von Schuldenkrisen spricht. In der Asienkrise
(ostasiatische Finanzkrise, East Asian Financial Crisis) waren Indonesien,
Thailand, die Philippinen und auch Süd-Korea am stärksten betroffen,
danach vor allem Russland, Mexiko und Argentinien.
Obwohl nicht zu den „Schuldigen“ der derzeitigen
Finanzkrise zählend, geraten derzeit Länder wie Griechenland
ins Visier der großen, vor allem US-amerikanischen Anleger, die auf
den internationalen Finanzmärkten aktiv sind. Das griechische Dilemma
erinnert an das von Indonesien. Aber auch von Malaysia und Argentinien,
wo man sich dem Diktat der Weltbank, des IWF und der international operierenden
Anleger widersetzte.
Im Moment ist jedenfalls deutlich zu erkennen,
dass es nicht mehr nur die „Dritte Welt“ trifft, sondern die Peripherie
der sogenannten „Ersten Welt“ (nicht allein Griechenland, sondern zuvor
schon Island und Irland und inzwischen auch im Ansatz Portugal und Italien).
Hier waren und sind im Kontext der seit rund zwei Jahrzehnten ausgesprochen
neoliberal geprägten Rahmenbedingungen der Europäischen Union
und des Weltmarkts die jeweiligen Regierungen und Bevölkerungen mit
wirtschaftlichen Offensiven deutlich stärkerer „Partnerländer“
und das heißt der Konzerne konfrontiert gewesen. Sie wurden zu Steuersenkungen
für Unternehmen veranlasst, verloren zum Teil vorher geschützte
einheimische Industrien, hatten höhere Sozialausgaben angesichts der
dadurch anschwellenden Arbeitslosenraten zu verkraften und riskierten somit
gleichsam gezwungenermaßen jene hohe Staatsverschuldung, die heute
von konservativen Politikern in Deutschland und Frankreich und von „den
Märkten“ bemängelt wird.
Es sind diese Budget-Defizite, die den genannten
Ländern heute das Etikett, in einer„Schuldenkrise“ gefangen zu sein,
einbringen. Dies wohl unter anderem auch deshalb, weil Rating
Agenturen inzwischen – möglicherweise auch im Rahmen einer konzertierten
Aktion gegen den Euro, also zur weiteren Absicherung der wirtschaftlichen
Führungsrolle der USA – die Bonität ihrer Staatspapieren so stark
herabgestuft haben, dass z.B. die griechische Regierung zuletzt bis zu
rund 27 Prozent Zinsen im Jahr zu zahlen gezwungen war. Die wirtschaftlich
schwächsten, aber pro Kopf durchaus nicht überdurchschnittlich
verschuldeten Länder in der EU zahlen damit derzeit enorme Zinsen
an die Banken und sonstigen Anleger, die dem jeweiligen ins Visier gekommenen
Staat Kredit gewähren. Sie werden obendrein zu konjunkturpolitisch
kontraproduktiven „Sparmaßnahmen“, sprich einer Politik der Austerität
(„austerity“) sowie zur Privatisierung öffentlichen Eigentums mit
absehbar desaströsen Folgen für die große Mehrheit der
Bevölkerung gezwungen. Griechenland ist vom IWF und der Euopäischen
Kommission sowie der Europäischen Zentralbank zu Privatisierungen
verurteilt worden, ebenso Irland. Und Portugal findet sich in diesem Sinne
ebenfalls unter Druck gesetzt. Nachdem die Rating Agenturen inzwischen
auch über die Kreditwürdigkeit des italienischen Staates spekulierten,
berichteten am 14.Juli 2011 sowohl Repubblica wie El País davon,
dass inzwischen auch die Berlusconi-Regierung in Italien die Privatisierung
staatlicher und kommunaler Unternehmen in Italien weiter vorantreiben will.
Sie entspricht damit den neoliberalen Leitlinien und den Erwartungen der
in ihrer Mehrheit den internationalen Konzerninteressen überaus gewogenen
Europäischen Kommission. Vgl. Roberto Mania, „Trasporti, luce, gas:
un tesoro da 30 miliardi che i Comuni saranno invogliati a vendere“, in:
La Repubblica, 14.7.2011, p.9 und M. Mora / R.M. Rituerto, „Italia congela
pensiones y privatiza empresas para frenar los ataques“, in: El País,
14.7.2011, p.1
(3) Es darf nicht verkannt werden, daß
die Verteilungsspielräume, welche sich in den Ländern des „Nordens“
einer keynesianischen (in Westeuropa „sozialdemokratischen“ , in den USA
progressiven oder „liberalen“) Politik des Klassenkompromisses und der
Pazifierung oder Integration der Arbeiterklasse boten, nicht vom Himmel
fielen: Sie waren, ihrer historischen Möglichkeit nach, weitgehend
durch die bisherige Entwicklung bedingt, sei es als Konsequenz einer
kolonialistischen und neokolonialistischen Ausbeutung der sogenannten Dritten
Welt, sei es als Konsequenz der sich auch daraus ergebenden historischen
Vorsprünge bei der Kapitalakkumulation und der damit einhergehenden
technologischen Entwicklung in den westlichen Ländern: denn es waren
seit dem 17. Jahrhundert ungeheure Extraprofite realisiert wurden, welche
volumenmäßig im 20.Jahrhundert alles zuvor Dagewesene übertrafen
und nun für eine korporatistische Politik der Integration der Gewerkschaften
und der durch sie „vertretenen“ lohn- und gehaltsabhängigen Bevölkerung
in das politisch-ökonomische System (durch „collective bargaining“
und den „welfare state“) zur Verfügung standen.
(4) Jedenfalls ist die Verhärtung
der Politik der Regierungen, der Unternehmerverbände und der meisten
großen Konzerne gegenüber den Gewerkschaften seit Anfang der
90er Jahre zumindest in der Europäischen Union ebenso unübersehbar
wie die Vernichtung zahlreicher regulärer tariflich abgesicherter
Vollzeitarbeitsplätze, die Zunahme der Leiharbeit, der befristeten
und der schlecht entlohnten „prekären Jobs“ sowie die erzielte
starke Zunahme der Profitrate.
(5) Es ist kein Geheimnis, dass die „farm
crisis“ in den USA und Westeuropa eine sogenannte Strukturkrise ist. Das
heißt, die Marktmacht des Agribusiness (Saat-, Fertilizer- und Pestizidhersteller,
Agrarhandelsgesellschaften, commodity brokers und auf den Märkten
für Agrarprodukte auftretende Investoren, also Spekulanten) ebenso
wie die der Banken, die über sogenannte Farm Management Gesellschaften
zahlreiche Terrains in den Bankrott getriebener Farmer verwalten und verpachten,
erzwingen letztlich ökologisch und für die Welternährung
langfristig katastrophale Kapitalkonzentrationsprozesse im Agrarsektor,
denen zuerst die family farms, dann die bereits auf eine industrialisierte,
hochspezialisierte Landwirtschaft festgelegten Betriebe mittlere Größe
weichen müssen. Die von den kreditgebenden Banken, dem Agribusiness
und der Regierung in Washington sowie der Europäischen Kommission
induzierte Dynamik wirkt sich über den vom Agribusiness beherrschten
Weltmarkt inzwischen auch katastrophal auf die Landwirtschaft in der Dritten
Welt mit ihren ökologisch und sozial wichtigen kleinbäuerlichen
Sektoren aus. Es ist bedauerlich, daß neben technokratisch ausgerichteten
Regierungen (wie in Mexiko, in Süd-Korea) und Interessen des Latifundismus
vertretenen Regimes (wie auf den Philippinen) auch angeblich fortschrittliche
Regierungen (wie in West-Bengalen die CPI/M) auf diese fragwürdige
„Modernisierungsdynamik“ setzen.
(6) Vgl. zur Politik der Privatisierungen
unter der Thatcher-Regierung vor allem: Andrew Gamble, The Spectre at the
Feast: Capitalist Crisis and the Politics of Recession, London (Palgrave
Macmillan) 2009, sowie Harvey Feigenbaum / Jeffrey Henig / Chris
Hammett, Shrinking the State: The Politics of Privatization, Cambridge
UK (Cambridge Univ.Press) 1998. Zur wirtschaftlichen Entwicklung in den
Thatcher-Jahren siehe auch:
Andrew Gamble, “The ‘Productivity Miracle’,
Profits and Investment ”, in: Jonathan Michie (ed.), The Economic
Legacy, 1979-1992. London (Academic Press) 1992, pp.77-87 und
Cento Veljanovski, “The Political Economy of Regulation”, in: Patrick Dunleavy
/ Andrew Gamble / Gillian Peele (eds.), Developments in British Politics,
Vol. 3. London (Macmillan) 1990
(7) In Deutschland scheute die Kohl-Regierung
vor einem harten anti-gewerkschaftlichen Konfrontationskurs zurück.
Es waren ab 2003 besonders die unter der rot-grünen Regierung erfolgten,
von der Equipe um Schröder, Müntefering, Steinmeier, Clement,
Steinbrück, Gabriel und Olaf Scholz durchgeboxten Kontra-Reformen
(so die Lockerungen des Kündigungsschutzes, die Aufweichung und letztlich
völlige Aushöhlung des Schutzes von Behinderten auf dem Arbeitsmarkt,
die Erleichterung von Nacht- und Sonntagsarbeit und das in diesem Kontext
de facto vollzogene, alles bisherige in den Schatten stellende Abgehen
vom Normalarbeitstag, ferner die Hartz IV „Reform“, aber auch die
Unternehmenssteuer-„Reform“ und die Erleichterung von feindlichen Übernahmen),
welche zu entscheidende Marksteinen der brutalen Neoliberalisierung wurden.
Ebenso aber die Teil-Privatisierung der Bahn, die Privatisierung des Post-
und Telekombereichs, sowie Privatisierungen von Stromversorgern, Wasserwerken
und Unternehmen im Bereich des öffentlichen Personen-Nahverkehrs.
Was immer mit Entlassungen und Schlechterstellung verbliebener Beschäftigter
einherging.
(8) Die Rede von den hohen Wachstumsraten in
den 50er und 60er Jahren oder von den „guten“ 60er Jahren darf uns nicht
das Ausmaß der Armut in der damaligen Zeit vergessen machen. Den
offiziellen Zahlen der US-Regierung zufolge entfielen auf die untersten
20 Prozent der US-Bevölkerung im Jahr 1946 exakt 5 Prozent aller Einkommen;
1967 waren es 5,4 Prozent. (Richard Parker, „The Myth of the Middle Class“,
in: Marc Pilisuk / Phyllis Pilisuk, Hrsg., How we lost the war on
poverty. New Brunswick, NJ (Transactions Books) 1973, 2nd printing
1976, p.39.) Parker zufolge unterschätzen Wirtschaftsexperten der
Regierung systematisch die Auswirkungen von (vor allem indirekten) Steuern
und der Inflation auf die unteren Einkommensgruppen. Ein von Parker in
seinem 1973 erschienenen Aufsatz angeführter Bericht des Southern
Rural Research Projekt sprach von den „alarmierenden Bedingungen“ der „Armen
und Hungrigen“ im Süden der USA. (Ebenda, S. 38) Ein Bericht
von Dr. Arnold Schaefer, auf den Parker hinweist, dokumentiert „Unterernährung“
[malnutrition] in Texas und Louisiana; Parker verweist auf eine Schätzung,
die von „15 million malnourished“ [15 Millionen Unterernährten] in
den USA ausgeht. Diese Zahlen widerlegten den behaupteten „trickle down
effect“. (Ebenda, S.39)
(9) Zu den Symptomen dieser irregeleiteten
Hoffnung gehört der von den Medien und den US-amerikanischen Peace
Corps Freiwilligen anscheinend lange für bare Münze genommene
„Kampf gegen die Armut“, den Lyndon Johnsons „Alliance for Progress“ in
Mittel- und Südamerika zu führen versprach.
(10) Die Sozialwissenschaften in den USA taten
ein übriges, indem sie den Glauben vieler lohn- und gehaltsabhängiger
Amerikaner an die Zugehörigkeit zur „middle class“ festigten und
die Zugehörigkeit zu einer „Klasse“ oder „Schicht“ über
das Selbstbild (auto-image, Selbstverortung) der Betreffenden, ihr Einkommen,
ihre Konsumgewohnheiten und ihren sogenannten Status in der community (also
das hetero-image) zu definieren versuchten.
(11) Die beträchtlichen Stundenlöhne,
welche die UAW in den 60er und 70er Jahren in ihren Verträgen mit
GM und Ford aushandelte, sind in guter Erinnerung, ebenso weitere benefits,
wie die Einzahlungen der Unternehmen in die Pensionsfonds. Auch die Stahlarbeitergewerkschaft
erzielte beachtenswerte Abschlüsse. Und die pro-Nixon-Haltung vieler
New Yorker „hard hats“, die auf den Wolkenkratzer-Baustellen gutes Geld
zu verdienen meinten und für liberale, gegen den Krieg in Vietnam
demonstrierende Mitbürger in der Regel wenig Sympathie empfanden,
ist nicht vergessen. Die reale Verbesserung des Lebensstandards, die –
bei aller Gefährdung für Leib und Leben im beruflichen Alltag
von Stahl- und Bauarbeitern – sich in den Köpfen dieser Menschen spiegelte,
wirkte ohne Zweifel systemstabilisierend. Die amerikanische Linke, die
zwischen 1928 und 1948 in der Arbeiterschaft nicht ohne Rückhalt gewesen
war, was wir auch an den Liedern von engagierten folk singers wie Woody
Guthrie und Pete Seegers, an der dokumentarischen Photographie z.B. eines
Walker Evans, am damals eine Blütezeit erlebenden „Muralismus“, also
den soziale Missstände thematisierenden öffentlichen Wandgemälden
bildender Künstler, aber auch an Romanen wie The Grapes of Wrath und
selbst noch an jenem Film, der auf dem genannten Roman basiert, ablesen
können, verlor in der um 1948/1950 einsetzenden Phase relativ
ungestörter kapitalistischer Expansion enorm an Rückhalt. Führende
Gewerkschafter wurden eingekauft, oder wie Hoffa, der Teamster Boss, in
die Enge getrieben, indem man ihnen Mafia-Kontakte unterstellte. Herbert
Marcuses Skepsis, was die Mobilisierbarkeit einer als relativ saturiert
erscheinenden, sich der middle class zugehörig fühlenden US-amerikanischen
Industriearbeiterschaft für Projekte einer tiefgreifenden gesellschaftlichen
Veränderung angeht, ist vor diesem Hintergrund verständlich.
Die Gegenwart bestimmte den Eindruck; das Wachstumspotential und die Verteilungsspielräume
dieses „Spätkapitalismus“ schienen erheblich zu sein; der Glaube an
radikale Veränderung der Haltung der „Unteren“ – wenn diese Spielräume
wegbrechen würden, wie sie es inzwischen taten – war wenig ausgeprägt,
weil sich damals kein Wegbrechen der Spielräume andeutete.
(12) Typisch war die Politik der Thatcher-Regierung
in Grßbritannien, die 1979 an’s Ruder kam und sofort die direkten
Steuern für die Reichen senkte, während sie die indirekten Steuern
– Kaufkraft der Massen abschöpfend – erhöhte. Gleichzeitig wurde
die prime rate heraufgesetzt, was wiederum die Konsumentenkredite und Hypothekenkredite
verteuerte.
(13) Joachim Hirsch / Roland Roth, Das neue
Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Post-Fordismus, Hamburg (VSA-Verlag)
1986, S.102f.
(14) 1973 war in Westdeutschland die Inflation
auf 7% angestiegen. In Großbritannien, das auf Grund seiner starken
wirtschaftlichen Verflechtung mit den USA besonders früh (nämlich
schon in den 60er Jahren) und stark (in den 70 Jahren in der Spitze: 18%)
von der Inflation betroffen war, verlor Labor vor allem infolge der stark
zunehmenden Arbeitslosigkeit die Wahl und die 1979 an’s Ruder kommende
Thatcher-Regierung leitete einen brachialen wirtschaftlichen Kurswechsel
ein. Nigel Lawson beschrieb dessen Prinzipien wie folgt: „Freie Märkte,
fiskalische [Haushalts-]Disziplin, strenge Kontrolle der öffentlichen
Ausgaben, Steuersenkungen [für Unternehmen und die Wohlhabenden] [...]
[und] Privatisierungen.“ [Nigel Lawson, The View from No.11: Memoirs of
a Tory Radical, New York (Bantam Books) 1992, S.64]. Als Folge des
sich an Friedman orientierenden monetaristischen wirtschaftspolitischen
Kurses der Thatcher-Regierung wurde die Inflation in Großbritannien
bis 1982 durch Massenentlassungen im Bergbau-Sektor und in der Industrie
(zur Erhöhung der ‚Produktivität’ der verbliebenen, auf dieselbe
veraltete Technologie angewiesenen Belegschaften), Lohnabbau, weiterhin
andauernden Kaufkraftverlust der Arbeiterklasse und resultierende Stagnation
der Nachfrage auf 8,6% gedrückt. Der wertmäßige Umfang
der britischen Industrieprodukte schrumpfte zwischen 1978 und 1983 um knapp
ein Drittel und das hohe Niveau der Arbeitslosigkeit, das zur Wahlniederlage
von Labour geführt hatte, blieb erhalten. 1984 belief sich die Zahl
der Arbeitslosen in Großbritannien, die unter Thatcher weiter angestiegen
war und 1982 mit 3 Millionen erstmals die in den 1930er Jahren erreichten
Rekordzahlen übertraf, auf offiziell fast 3 ½ Millionen
Menschen. Im Gegensatz zu den Blütejahren der Nachkriegsexpansion,
mit ihren hohen Wachstumsraten und ihrer keynesianischen Wirtschaftspolitik,
war jetzt das Wirtschaftswachstum sehr niedrig, 2,3% im Mittel im ersten
Jahrzehnt unter Thatcher. Und das Wachstum der staatlichen Ausgaben, weit
davon entfernt, Impulse zu geben, blieb noch dahinter zurück und belief
sich im selben Zeitraum im Mittel auf lediglich 1,3% pro Jahr.
(15) Die Forschung reagierte wie so oft
mit Verspätung auf dieses Phänomen. Inzwischen gibt es eine Reihe
von Untersuchungen dazu, z.B.: Annette Fuentes / Barbara Ehrenreich, Women
in the global factory. Boston, Mass. (South End Press) 1984
(2nd printing); Joseph Grunwald / Kenneth Flamm. The Global
Factory: foreign assembly in international trade Washington, D.C. (Brookings
Institution) 1985; Rachael Kamel, The Global Factory: analysis and
action for a new economic era. [Philadelphia] (American
Friends Service Committee) 1990. Spätere Studien betrachten
in erster Linie die neuere Entwicklung, z.B. Frances Abrahamer Rothstein
/ Michael L. Blim (eds.),Anthropology and the global factory : studies
of the new industrialization in the late twentieth century,
New York (Bergin & Garvey) 1992; Miriam
Ching Yoon LOUIE, Sweatshop warriors:
immigrant women workers take on the global
factory.
Cambridge, Mass.( South End Press )
2001; Pun Ngai [=Pan Yi], Made in China: women factory workers in a global
workplace. Durham, NC [u.a.] : Duke University Press
Hong Kong : Hong Kong Univ. Press, 2005. Vom
Verlag angekündigt ist: Peter J. Buckley (ed.), Globalization and
the Global Factory. Cheltenham [u.a.] : (Edward Elgar) 2011.- Die
Entwicklung hin zum outsourcing von Produktionsabläufen an subsidiaries
und subcontractors oder einfach nur abhängige „Partner“ (Zulieferer)
in Billiglohn-Ländern ging einher mit der zahlenmäßigen
Zunahme und dem Bedeutungsgewinn von TNCs – also transnational tätigen
Konzernen – auf dem Weltmarkt, die nicht nur die Produktion und die Belegschaften
„internationalisierten“, sondern bald auch das Management und schließlich
ihre Kapitalaufnahme. Joachim Hirsch und Roland Roth sprechen daher bereits
Mitte der 80er Jahre von einer „Internationalisierung des Kapitals“ (Joachim
Hirsch / Roland Roth, Das neue Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus
zum Post-Fordismus. Hamburg (VSA) 1986, S.143.
(16) Es war exakt die nach Rendite-Gesichtspunkten
erfolgende Zerlegung des zuvor häufig noch an einem Produktionsstandort
vorgenommenen Produktionsablaufs, z.B. der integrierten Herstellung von
Fernsehgeräten bei Philips in Eindhoven (NL), die zu Überlegungen
hinsichtlich der technischen und zeitlichen Koordination auf einander bezogener
Teilabläufe, die nun kostengünstig an verschiedenen Standorten
stattfinden sollten, Anlaß gab. Aus diesen Überlegungen heraus
entstand das Konzept der „virtuellen Fabrik“. Im Extremfall konnte ein
mit der Produktion z.B. von Fernsehgeräten, von Computern usw. befasstes
Unternehmen in der sogenannten Ersten Welt zu einem reinen Handelskonzern
mutieren, der lediglich aus der Firmenzentrale in der ersten Welt heraus
auf einander bezogene Produktionsabläufe bei den verschiedenen „Partnern“
in Billiglohnländern koordinierte, überwachte, für die Logistik
zuverlässige Unternehmen beauftragte und am eigenen Standort bestenfalls
noch sein „label“ auf dem Produkt anbrachte. Zur „virtual factory“, siehe:
Arnoud DeMeyer, Creating the Virtual Factory. Fontainebleau (Institut
Européen d’Administration des Affairs) 1992. [European Institute
of Business Administration: Working papers]; David M. Upton, Andrew
McAfee, ”The Real Virtual Factory”, in: . Harvard Business Review;
Vol. 74, No. 4, July-Aug. 1996, pp. 123-133; Gary M. Bayliss, Design by
Manufacturing an Interactive Virtual Factory
Bath (Univ. of Bath) 1997 (Ph.D. thesis ).
An neueren Arbeiten kann man nennen: “Managing the Virtual Factory: Web-based
Configuration, Scheduling and Monitoring”, in: Brian Stanford-Smith (ed.),
E-Work and E-Commerce, Vol. 2, Amsterdam (IOS Press) 2001; Helmut
Bley (hrsg.), Progress in virtual manufacturing systems : proceedings ;
June 03 - 05, 2003, Saarland University Saarbrücken, Germany / 36th
CIRP International Seminar on Manufacturing Systems. Saarbrücken (Univ.
des Saarlandes) 2003; Franz-Josef Schneider, “The ‘Virtual Factory’ at
Opel”, in: Proceedings of the IFIP WG 5.7 Working Conference on Human Aspects
in Production Managemen, edited by Gert Zülch; Sascha Stowasser; Harinder
S. Jagdev; Volume 1. Aachen (Shaker) 2003; Susumu FUJI / Toshiya KAIHARA
/ Hiroshi MORITA, “A Distributed Virtual Factory in Agile Manufacturing
Environment”, in: David Bennett (ed.), Operations Management, II,
Vol.5: International Operations, Networks and the Environmental Context.
London (Sage) 2007, S.216-231 und George L. Vairaktarakis /Jamshid
C. Hosseini, „Forming Partnerships in A Virtual Factory“, in: Annals of
Operations Research, Vol.161/ 2008.
(17) Zur Stagflation siehe: Elmar Altvater
(hrsg.), Inflation, Akkumulation, Krise.
Frankfurt a.M. (Europäische Verlags-Anstalt)
1976; was die Krisendynamik an sich angeht: Evgenij S. Varga, Die Krise
des Kapitalismus und ihre politischen Folgen. Hrsg. und eingeleitet von
Elmar Altvater. Frankfurt a. M. ( EVA) 2., unveränderte Aufl., 1974.
– Von einer anderen theoretischen Warte betrachtet: Michael Bruno / Jeffrey
D. Sachs, Economics of Worldwide Stagflation. Oxford : Blackwell, 1985
[und Cambridge, Mass. : Harvard University Press, 1985 ]; Robert
B. Barsky / Lutz Kilian, A Monetary Explanation of the Great Stagflation
of the 1970s.London (Centre for Economic Policy Research) 2000. (Discussion
paper series / Centre for Economic Policy Research ; No. 2389 : International
macroeconomics); Robert B. Barsky / Lutz Kilian, Do We Really Know
That Oil Caused the Great Stagflation. Cambridge, Mass. (National Bureau
of Economic Research) 2001 (NBER working paper series ; 8389).
(18) Ab 1948 bis Mitte der 1950er Jahre erhielten
westeuropäische Länder – vor allem im Kontext des Marshall-Plans
– Kredite der US-Regierung in Höhe von rund 17 Mrd. US-Dollar, bei
den damaligen Preisen und angesichts eines Umrechnungskurses, demzufolge
der Dollar 4,20 DM bzw. 260-270 französische Franc wert war,
eine gigantische Summe.
(19) Auf den Zusammenhang zwischen Vietnamkrieg,
Rüstungsproduktion in den USA und dem Anstieg der Inflation hat Paul
Mattick hingewiesen. Siehe: Paul Mattick, Marx and Keynes : the limits
of the mixed economy. Boston ( P. Sargent ) [1969].
(20) In Großbritannien war die sozialdemokratische
Laborregierung unfähig gewesen, mittels ihrer keynesianischen, im
Sinne des deficit spending auf die Stimulierung von Investitionen setzenden
Politik den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu bremsen. Die britische industrielle
Basis, inclusive der Autoindustrie und des einst führenden Maschinenbaus,
war veraltet und hatte an „Wettbewerbsfähigkeit“ auf dem Weltmarkt
verloren, weil seit Jahrzehnten nur ganz unzureichend Investitionen in
diesen Bereich getätigt und das Mehrprodukt der Tendenz nach nur abgeschöpft,
mithin fast nichts davon in die Modernisierung der britischen Industrie
reinvestiert worden war. Abgesehen von der Ausnahmezeit des Zweiten
Weltkriegs tendierte die dominante Investitionsstrategie des Kapitals schon
lange weg vom Produktionssektor und hin zum Finanzsektor, der höhere
Renditen versprach. Es war seit ca. 1890 vor allem die Konkurrenz der später
als England industrialisierten großen Rivalen USA und Deutschland
gewesen, welche frühere, auf Grund des unbezweifelbar lange
gegebenen technologischem Vorsprung sowie der damit verknüpften Patente
und Betriebsgeheimnisse zumeist mögliche, gleichsam oligopolistische
Extraprofite zunichte gemacht hatte und die Geldgeber der großen
Industrie in diesem Land das Interesse verlieren ließ.
(21) Das, was damalige Wirtschaftsjournalisten
und Ökonomen als Profitklemme diagnostizierten, war keinesfalls auf
die seit 1973/74 unangenehm ansteigende und Ende der 70er Jahren in einigen
Ländern wirklich schockierende Ausmaße erreichende Inflation
zurückzuführen. Die Unternehmen machten z.T. „zu hohe“ Lohnabschlüsse
der vorausgegangenen Jahre verantwortlich und die bürgerliche Presse
sprach von einer „Lohn-Preis-Spirale.“ Tatsächlich hatte aber der
Kampf um Marktanteile – vor allem, aber nicht nur unter den großen
international operierenden Konzernen – einen technologischen Innovationswettlauf
erzwungen. Die Produktivität (bezogen auf die von einem Arbeiter geleistete
Stunde Arbeitszeit, letztlich bezogen auf den an diesen Arbeiter, der eine
feste tariflich abgesicherte Stundenzahl ableistete, zu zahlenden Lohn)
stieg auf Grund der Investitionen in neue Maschinen, in eine modernisierte,
avanciertere Technologie fraglos an. Aber diese Erhöhung der Arbeitsproduktivität
setzte ein schnelles Anwachsen des Kapitalinputs voraus. Da die Zahl der
zu entlohnenden Arbeiter nicht steigen musste, um durch erheblichen zusätzlichen
Kapitalaufwand erheblich mehr zu produzieren, stieg auch die Summe der
an diese Arbeiter zu zahlenden Löhne nicht. Das Verhältnis von
in Maschinen und in Löhne investiertem Kapital, die „organische Zusammensetzung
des Kapitals“ änderte sich; der Anteil, der auf die „lebendige“, Mehrwert
produzierende Arbeit entfiel, nahm ab auf Kosten des auf „tote“ (in den
Maschinen, in der neuen Technologie) vergegenständlichte Arbeit. Während
das Profitvolumen (der Gesamtumfang der im Fall der Veräußerung
der Arbeitsresultate auf dem Markt realisierten Gewinne) weiter zunehmen
konnte, sank daher mit der relativen Zunahme des für die Modernisierung
des Maschinenparks aufgewendeten Kapitals die Profitrate (das Verhältnis
von erzieltem Gewinn und Gesamtsumme des zu seiner Erzielung aufgewendeten
Kapitals). – Zur Profitklemme, siehe auch: Andrew Glyn / Bob Sutcliffe,
British capitalism, workers and the profits squeeze. Harmondsworth (Penguin
Books) 1972 [die früheste fortschrittliche Darlegung des Anfang der
70er Jahre – noch vor dem Ölpreisanstieg, der nicht nur Antrieb einer
inflationären Dynamik, sondern zunächst einmal Antwort auf den
inflationären Verfall des realen Werts des US-Dollar war – zu verzeichnenden
deutlichen Unterdruck-Geratens der durchschnittlichen Profitrate!]; John
Weeks, „The Process of Accumulation and the Profit Squeeze Hypothesis”,
in: Science & Society, a journal of Marxist thought and analysis (New
York, NY: Guilford), Vol. 43, No.3 (1979), S.259-280; Howard J. Sherman,
„Profit Squeeze in Marx, Keynes, Mitchell, and Kalecki”, in: Review of
Radical Political Economics, Vol. 20, No.2 (1988), S.94-99; Andrew
Henley, „Corporatism, Profit Squeeze and Investment”, in: Cambridge
Journal of Economics, Vol. 15, No. 4 (1991); Jonathan P. Goldstein,
„The Empirical Relevance of the Cyclical Profit Squeeze: a reassertion“,
in: Review of Radical Political Economics, Vol. 28, No.4 (1996),
S.55-92; Jonathan P. Goldstein, „The Empirical Relevance of the Cyclical
Profit Squeeze: a reassertion“, in: Review of Radical Political Economics,
Vol. 28, No.4 (1996), S.55-92; auch: Elmar Altvater (hrsg.), Inflation,
Akkumulation, Krise. Frankfurt a.M. (Europ. Verl.-Anstalt) 1976.
(22) Spätestens als die derzeitige Finanzkrise,
die zugleich eine der sogenannten realen Wirtschaft ist, ab 2007 die Zahl
der Arbeitslosen und die Zahl der Zwangsversteigerungen in die Höhe
schnellen ließ, wurde der Umfang des credit card debt als schwerwiegendes
Problem entdeckt und die Praxis der Kreditkartengesellschaften relativ
abrupt restriktiver.
(23) Dem schon länger auf Abschaffung
des Glass Steagall Act drängenden Finanzsektor in den USA hatte der
Kongress bereits 1987 nachgegeben, indem der Congressional Research Service
beauftragt wurde, einen Bericht über das Für und Wider eines
solchen Schrittes vorzulegen. Mit 343 zu 86 Stimmen befürwortete das
Repräsentantenhaus die Abschaffung, was auf die Zustimmung nicht nur
der Republikaner, sondern des „zentristischen Flügels“ der Demokraten
– der „Clintonites“ oder Clintonianer – schließen lässt. Im
Senat kam das Gramm-Leach-Bliley Act genannte Gesetz mit 54 zu 44 Stimmen
durch.
(24) Siehe: N.N., „Royaume-Uni“ , in : Le Monde,
14.7.2011, S.20 u.
Literatur
Frances Abrahamer Rothstein / Michael L. Blim
(eds.),Anthropology and the global factory: studies of the new industrialization
in the late twentieth century,
New York (Bergin & Garvey) 1992
Elmar Altvater (hrsg.), Inflation, Akkumulation,
Krise.
Frankfurt a.M. (Europäische Verlags-Anstalt)
1976
Elmar Altvater / Hans-Jürgen Bieling /
Alex Demirovic / Heiner Flassbeck / Werner Goldschmidt / Mehrdad Payandeh
/Stefanie Wöhl, Die Rückkehr des Staates?
Hamburg (VSA) 2010
Robert B. Barsky / Lutz Kilian, A Monetary
Explanation of the Great Stagflation of the 1970s.London (Centre for Economic
Policy Research) 2000. (Discussion paper series / Centre for Economic Policy
Research ; No. 2389 : International macroeconomics)
Robert B. Barsky / Lutz Kilian, Do We
Really Know That Oil Caused the Great Stagflation. Cambridge, Mass. (National
Bureau of Economic Research) 2001 (NBER working paper series ; 8389).
John Bellamy Foster / Robert W. McChesney /
R. Jamil Jonna, “The Internationalization of Monopoly Capital”, in: Monthly
Review, June 1, 2011 http://monthlyreview.org/2011/06/01/the-internationalization-of-monopoly-capital
[Blätter für Deutsche und Internationale
Politik (Hrsg.)], .Das Ende des Kasino-Kapitalismus? Globalisierung
und Krise. Berlin (Blätter-Verlags-Gesellschaft)
2009 [Mit Beiträgen von Elmar Altvater, et al.]
Leonardo Boff, „A voz das vítimas quem
a escutará?“, in: Tlaxcala http://www.tlaxcala.es/pp.asp?lg=po&reference=7767
L. Boff, „Overextension and Collapse
of the World System?“, in: Tlaxcala http://www.tlaxcala.es/pp.asp?lg=en&reference=8453.
Michael Bruno / Jeffrey D. Sachs, Economics
of Worldwide Stagflation. Oxford : Blackwell, 1985 [und Cambridge,
Mass. : Harvard University Press, 1985 ]
Peter J. Buckley (ed.), Globalization and the
Global Factory. Cheltenham [u.a.] : (Edward Elgar) 2011
Harvey Feigenbaum / Jeffrey Henig / Chris
Hammett, Shrinking the State: The Politics of Privatization, Cambridge
UK (Cambridge Univ.Press) 1998
Annette Fuentes / Barbara Ehrenreich, Women
in the global factory. Boston, Mass. (South End Press) 1984
(2nd printing)
Andrew Gamble, “The ‘Productivity Miracle’,
Profits and Investment ”, in: Jonathan Michie (ed.), The Economic
Legacy, 1979-1992. London (Academic Press) 1992, pp.77-87
Andrew Gamble, The Spectre at the Feast: Capitalist
Crisis and the Politics of Recession, London (Palgrave Macmillan) 2009
Andrew Glyn / Bob Sutcliffe, British capitalism,
workers and the profits squeeze. Harmondsworth (Penguin Books) 1972
Jonathan P. Goldstein, „The Empirical Relevance
of the Cyclical Profit Squeeze: a reassertion“, in: Review of Radical Political
Economics, Vol. 28, No.4 (1996), S.55-92
Joseph Grunwald / Kenneth Flamm.
The Global Factory: foreign assembly in international trade Washington,
D.C. (Brookings Institution) 1985
Andrew Henley, „Corporatism, Profit Squeeze
and Investment”, in: Cambridge Journal of Economics, Vol. 15, No. 4 (1991)
Joachim Hirsch / Roland Roth, Das neue Gesicht
des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Post-Fordismus, Hamburg (VSA-Verlag)
1986
Roberto Mania, „Trasporti, luce, gas: un tesoro
da 30 miliardi che i Comuni saranno invogliati a vendere“, in: La Repubblica,
14.7.2011, p.9
Paul Mattick, Marx and Keynes : the limits
of the mixed economy. Boston ( P. Sargent ) [1969].
M. Mora / R.M. Rituerto, „Italia congela pensiones
y privatiza empresas para frenar los ataques“, in: El País, 14.7.2011,
p.1
Rachael Kamel, The Global Factory: analysis
and action for a new economic era. [Philadelphia] (American
Friends Service Committee) 1990
Mike Konczal, „From Mass Prosperity to Severe
Recession in Fifty Years“, in: The Nation, 19.Juli 2011, http://www.thenation.com/article/162141/mass-prosperity-severe-recession-fifty-years
Tomasz Konicz, „Die arbeitslose Arbeitsgesellschaft“,
in: Indymedia, 7.Sept.2009
http://de.indymedia.org/2009/09/260015.shtml
Tomasz Konicz, „Kapitalismus am Abgrund“, in:
Thomasz Konicz, Nachrichten aus Osteuropa, [28.März 2009] http://www.konicz.info/?p=632
Tomasz Konicz, “Sicherer Hafen?”, in:
Thomasz Konicz, Nachrichten aus Osteuropa,
21.5.2010 http://www.konicz.info/?cat=20
Tomasz Konicz, „Die Weltwirtschaftskrise als
Schuldenkrise“, in: Teleopolis, 6.Juni 2009
http://www.heise.de/tp/artikel/30/30415/1.html
Robert Kurz, „Weltmacht und Weltgeld. Die ökonomische
Funktion der US-Militärmaschine im globalen Kapitalismus und die Hintergründe
der neuen Finanzkrise“, in: http://linksohnezensur-bremen.foren-city.de/topic,28,-systemkrise-weltmacht-geld-konjunktur.html
Robert Kurz, „Das Elend der Konjunkturpolitik.
Eine Auferstehung des Keynesianismus ist mehr als zweifelhaft“, in: http://linksohnezensur-bremen.foren-city.de/topic,28,-systemkrise-weltmacht-geld-konjunktur.html
Robert Kurt, „Das letzte Stadium des Spätkapitalismus“,
in: http://linksohnezensur-bremen.foren-city.de/topic,28,-systemkrise-weltmacht-geld-konjunktur.html
Miriam Ching Yoon LOUIE, Sweatshop warriors:
immigrant women workers take on the global
factory.
Cambridge, Mass.( South End Press )
2001
Pun Ngai [=Pan Yi], Made in China: women factory
workers in a global workplace. Durham, NC [u.a.] : Duke University Press
/ Hong Kong : Hong Kong Univ. Press, 2005.
N.N., “Die Agenda der Krisenkonkurrenzder Nationen“,
in: Gegenstandpunkt, Politische Vierteljahreszeitschrift 3-10, 17.09.2010
http://www.gegenstandpunkt.com/anagsp.html
Karl Heinz Roth, Die globale Krise, Hamburg
(VSA) 2009
Rainer Roth, Finanz- und Wirtschaftskrise:
Ursachen und „Lösungen“ Vortrag auf der Jahrestagung 2009 der Coordination
gegen BAYER-Gefahren, 7.11.2009, in: Labour Net http://www.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/krise08_roth.pdf
Howard J. Sherman, „Profit Squeeze in Marx,
Keynes, Mitchell, and Kalecki”, in: Review of Radical Political Economics,
Vol. 20, No.2 (1988), S.94-99
George Soros / Niall Ferguson / Paul Krugman
/ Robin Wells / Bill Bradley, et al., “The Crisis and How to Deal with
It”, in: The New York Review of Books June 11, 2009
http://www.nybooks.com/articles/archives/2009/jun/11/the-crisis-and-how-to-deal-with-it/
Joseph E. Stiglitz, The Stiglitz Report: Reforming
the International Monetary and Financial Systems in the Wake of the Global
Crisis; New York, NY (New Press ) 2010
Ingo Stützle, “Linke Krise: Eine Geschichte
von klasse K(r)ämpfen”, in: ak Analyse&Kritik - zeitung für
linke debatte und praxis, Nr. 536 vom 20.2.2009
Evgenij S. Varga, Die Krise des Kapitalismus
und ihre politischen Folgen. Hrsg. und eingeleitet von Elmar Altvater.
Frankfurt a. M. ( EVA) 2., unveränderte Aufl., 1974
Cento Veljanovski, “The Political Economy of
Regulation”, in: Patrick Dunleavy / Andrew Gamble / Gillian Peele (eds.),
Developments in British Politics, Vol. 3. London (Macmillan) 1990
Immanuel Wallerstein, "Le capitalisme touche
à sa fin", in : Le Monde, 11.10.2008
http://www.lemonde.fr/la-crise-financiere/article/2008/10/11/le-capitalisme-touche-a-sa-fin_
1105714_1101386.html
Immanuel Wallerstein [interviewt von Carlos
Prieto], „El capitalismo no existirá en 30 años”, in: Publico,
31.1.2009 http://www.publico.es/dinero/196245/el-capitalismo-no-existira-en-30-anos
John Weeks, „The Process of Accumulation and
the Profit Squeeze Hypothesis”, in: Science & Society, a journal of
Marxist thought and analysis (New York, NY: Guilford), Vol. 43, No.3 (1979),
S.259-280
Check...:http://www.democracynow.org/2011/2/17/democracy_uprising_in_the_usa_noam
Check: http://www.democracynow.org/2011/2/17/democracy_uprising_in_the_usa_noam
go back to URBAN DEMOCRACY issue #
7
|
LINKS
Leonardo Boff,
Overextension
and Collapse
of
the World System?,
in: Tlaxcala
L. Boff, A
voz das vítimas quem a escutará?
Karl
Heinz Roth, „Globale Krise – Globale Proletarisierung
– Gegenperspektiven“
Mike
Konczal, „From Mass Prosperity to Severe Recession
in Fifty Years“, in: The Nation, 19.Juli 2011
Immanuel
Wallerstein [interviewed by Carlos Prieto],
„El capitalismo no existirá en 30 años”
mainly SPANISH SITES
José Saramago - falsa democracia
www.youtube.com/watch?v=m1nePkQAM4w
Democracy real YA!
http://www.democraciarealya.es
Manifesto of
Democracia real YA!
backup
copy
Inés Benítez,
"Spain:
'Indignant' Protests Heat Up Election Campaign"
(IPS news net, Oct.4,2011)
backup
copy
Tito Drago,"'Indignant'
Demonstrators Marching to
Brussels to Protest Effects
of Crisis" (IPS news net, July 30, 2011)
backup
copy
Tito
Drago, "Spain: Streets Paved
with Evicted Families" (IPS, Oct.7, 2011)
backup
copy
Tlaxcala
www.tlaxcala.es/pp.
GREEK SITES (HELLAS)
To VIMA
on the general strike (Oct.19-20,2011)
backup
copy
ELEFTHEROTYPIA
on the general strike
(Oct.19-20,2011)
backup
copy
Athens (Greece) indymedia
http://athens.indymedia.org
backup
copy
www.poesy.gr
POESY'S CALL TO JOIN
THE GENERAL STRIKE
backup
copy
Mavroulis
Argyros on the general strike
(in:
Real.gr, Oct.20, 2011)
backup
copy
U.S. SITES
Occupy Wall Street
www.occupywallstreet.us
www.occupyyoutube.com
http://occupyyoutube.blogspot.com/
http://twitter.com/#!/OccupyYoutube
We Are Change
http://www.WeAreChange.org
Chomskyon
decentralized solidarity movements
Noam Chomskyon
Occupy Wall Street protests
Z Communications AND Z mag
http://www.zcommunications.org/
M.Albert/Wilpert,
"The State
of the U.S. Left", in: Z Communications
(backup copy)
Michael
Albert,
Occupy Wall Street Entreaty &
Spanish Anarchists Interview
(Z Communications, Sept.2011)
[backup copy]
Left Forum
www.leftforum.org
Local to global.org
www.localtoglobal.org
Nathan
Schneider, "From Occupy
Wall Street to Occupy Everywhere"
(The Nation, Oct. 31, 2011)
backup-copy
Deutschsprachige Web-Seiten
GERMAN LANGUAGE SITES
K21
(Stuttgart)
backup
copy
"people
of the world, rise up"
Aufruf von K21 zur Demo am 15.Okt.
(backup copy)
Echte Demokratie jetzt
Echte Demokratie jetzt
Aufruf zur Demo
am 15. Okt.
backup
copy
linksunten.indymedia.org
backup
copy
Attac
Attac Deutschland
attac Aufruf
zur Demo am 15.Okt.2011
backup
copy
Occupy Frankfurt
http://www.occupyfrankfurt.de/
doku.php
backup
copy
https://www.facebook.com/
OccupyFfM
backup
copy
15 October Net
http://15october.net/de/
Aufruf
(backup copy)
Bündnis 90 / Die Grünen
Die Gruenen [Green Party, Germany]
zur
Demo am 15.Okt
backup
copy
Die Linke (Left Party, Germany)
DIE LINKE unterstützt die weltweiten
Proteste gegen die Diktatur der Finanzmaerkte und für mehr Demokratie
backup
copy
Realdemokratie
www.realdemokratie.de
We Are Change Austria
www.wearechangeaustria.yooco.de
http:/www.wearechangeaustria.
blogspot.com
http:/www.wearechangeaustria.
wordpress.com
We Are Change - CH
wearechange.ch.jovinus-meta.net
CHILE
Students in Chile are protesting against
the privatization of higher education that took place
under Pinochet, and against the underfinanced
public education system
(xinhua
net, Oct.20, 2011)
backup
copy
EGYPTIAN SITES
Al Ahram Weekly
http://weekly.ahram.org.eg
Galal Nassar,
"The
Arab Spring and the crisis of the elite"
backup
copy
Al MasryAlyoum.com
http://www.almasryalyoum.com
Mohamed
Azouz, Egypt govt mulls
raising workers' incentives
in bid to thwart labor strikes
Ahmad
Fouad Najem, "Forbidden"
backup
copy
LIBYA
The Nation
www.the
nation.com
Kucinich,
Speech before U.S. Congress, March 31, 2011
(The Nation; April 4, 2011)
backup
copy
PEACE MOVEMENT
Tom
Hayden, "The Defunding
of the Peace Movement"
backup
copy
Not in our name
www.notinourname.net
backup
copy
DISARM NOW
disarm now
"Former
US Attorney General Testifies for Plowshares Activists"
backup
copy
Justice with Peace
(United for Justice with Peace
Coalition)
www.justicewithpeace.org
international
SITES
Support Julian Assange
www.support-julian-assange.com
Forum Social Mundial
www.forumsocialmundial.org
www.anticapitalistas.org
Retos anticapitalistas
backup
copy
|
|