Johanna Karbe

Innerparteiliche Demokratie: Wie real ist sie heute?

                                                          "Keiner tut was für die kleinen Leit, 
                                               darum ist die Wahl so schwierig..."
                                               (ein Befragter, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk)

Kritiker der repräsentativen Demokratie, wie H. von Arnim, haben darauf hingewiesen, dass die Demokratie im Westen heute mindestens unvollkommen, wenn nicht einem Trugbild vergleichbar ist.(1) Dies vor allem insofern, als Parteien sich de facto weitgehend von ihren Wählern in der Periode zwischen zwei Wahlen abkoppeln, um –  von deren Meinungen und Wünschen mehr oder weniger unbeeindruckt –  „frei“ zu entscheiden.(2) Wobei „frei“ oft heißt, sogenannten Sachzwängen unterworfen. Oder dem Einfluss wirtschaftlich mächtiger Interessengruppen ausgesetzt.

Eine Ahnung davon, wie unvollkommen die demokratische Interaktion zwischen Parteien und Wählern möglicherweise inzwischen ist, haben wohl längst auch nicht wenige Wähler. Manche haben übrigens ein so gutes Gespür für sie, dass sie sich fragen, ob es nicht besser wäre, zuhause zu bleiben, statt Parteien durch Teilnahme an Wahlen noch zu legitimieren.(3)

Wie demokratisch aber sind Parteien im „eigenen Hause“? Gibt es sie wirklich, oder doch weitgehend eher auf dem Papier – die innerparteiliche Demokratie?

Parteien neigen dazu, interne Kritiker, also „Störenfriede“, sofern sie denn einiges Gewicht haben, auch Gehör in der Partei und in den Medien finden, an den Rand zu drängen und zu isolieren, um sie sodann zu „schassen“ bzw. „abzuschießen“. Oder aber lieber und häufiger noch, wenn sich das denn mehr oder weniger „einvernehmlich“ machen lässt,  auf gut dotierte, aber einflusslose Posten „abzuschieben“ und so zu „entsorgen“.(4)

Ein Beispiel für die erste Variante war das faktische Herausdrängen des „roten Jochen“ aus der SPD. Jochen Steffen war 1966-1973 Oppositionsführer im Landtag Schleswig-Holsteins und  Spitzenkandidat derr Partei bei den Landtagswahlen in den Jahren 1967 und 1971. Er gehörte zu jenen Linken in seiner Partei, die schon früh eine kritische Position in Bezug auf die zivile Nutzung der Kernkraft entwickelten und klar die umweltzerstörerischen Auswirkungen der kapitalistischen Wirtschaftsweise wie überhaupt jeder –auch „östlichen“, also stalinistisch-etatistischen – Fetischisierung des Wirtschaftswachstums erkannten. Er wurde infolge seiner Positionierung zunehmend in der SPD isoliert. Die Hatz auf Linke in der SPD, die parallel zur Durchsetzung einer Politik der „Berufsverbote“ (Radikalenerlass 1972) einsetzte, machte ihm zu schaffen. 1973 gab er den Vorsitz in der SPD-Fraktion des Landtags auf, zwei Jahre später legte er den Vorsitz im SPD-Landesverband Schleswig-Holstein nieder und trat aus der SPD-Grundwertekommission, in der er sich zunehmend isoliert sah, aus.  1977 schied er auch aus dem Bundesvorstand der SPD aus und gab sein Landtagsmandat auf. Er trat 1980 – einem Ausschlussverfahren zuvorkommend? – aus der Partei aus. 
Andere SPD-Mitglieder –  darunter Prominente wie Wolfgang Abendroth und Ossip K. Flechtheim, vor allem aber eine grosse Zahl weniger prominenter Mitglieder – warf man per Parteiausschluss aus der Partei. Ausschlussverfahren – ganz überwiegend gegen linke Sozialdemokraten, und offenbar kaum je gegen Rechte wie Clement und Sarrazin – waren gerade in der „innerparteiliche Demokratie“ auf eine äußerst rüde Weise praktizierenden SPD sehr beliebt.(5) 

In der FDP führte die koordinierte Aktion gegen einen rechtspopulistischen „Landesfürsten“, der sich seiner Sache zu sicher war, geradezu lehrstückhaft zu dessen ungeahnt schnellem Absturz. Offensichtlich hat 2002 die  Parteiführung rasch und zielstrebig herumtelefoniert, um ihre Absicht zu realisieren, einen als unberechenbar erachteten Granden der Partei zur Strecke zu bringen. Die hierarchische Struktur „demokratischer“ Parteien wird sehr deutlich. Die „wichtigen Leute“ auf der Landesebene orientieren sich an dem, was die kleine Führungsgruppe auf der Bundesebene ihnen als im Interesse der Partei liegend signalisiert. Man muss Möllemann nicht mögen, der Verfasserin dieser Zeilen wird man es kaum vorwerfen können.(6) Aber der Mann hatte die FDP-Basis in NRW offenbar 2000-2002 hinter sich. Er war als FDP-Landesvorsitzender erfolgreich gewesen mit seinem rechtsliberalen Kurs und seinen populistischen Sprüchen. Die FDP war auf Grund seiner Strategie wieder in den Landtag eingezogen. Sie kam unter seiner Führung nicht etwa knapp über die 5-Prozent-Hürde, an der sie zuvor gescheitert war. Sie erreichte vielmehr fast das Doppelte der erforderlichen 5 Prozent. Auch die wichtigen Leute in der Landespartei hatten, bevor sie angerufen wurden, noch den Schulterschluss mit ihm geprobt. Gewiss, wir wissen nicht, wie viel auch davon Fassade, nach außen projektierte Show war. Konkurrenz und Eifersüchteleien sind in solchen Parteien immer untergründig oder offen im Spiel. Des einen Fall ist des anderen Aufstieg. Der unabweisbare Eindruck ist jedenfalls, dass im Fall Möllemann die Unterstützung der Basis im nordrhein-westfälischen FDP-Landesverband nicht mehr viel bedeutete, als eine kleine Gruppe führender Parteipolitiker sich in Hinterzimmern einig wurde, dass der Mann nicht mehr tragbar ist. Die ranghohen Kollegen Möllemanns in NRW haben „gespurt“. Damit war die Sache entschieden. Die einfachen Delegierten kriegt man dann in der Regel ebenfalls auf die gewünschte Seite. Warum eigentlich? Warum dieses verdächtige „Kippen“ der Meinungen und der „Loyalitäten“ in so kurzer Zeit? Im Fall Möllemann tat dann die Steuerfahndung ein übriges. Man fühlt sich ein wenig an die Weise erinnert, wie parteiinterne Konkurrenten einst in stalinistischen Parteien des Ostblocks „erledigt“ wurden. In westlichen Parteien ist vermutlich längst ebenfalls gang und gäbe, über parteiinterne Konkurrenten belastendes Material im Giftschrank zu haben (dazu kamen z.B. aus Bayern, die CSU betreffend, interessante Meldungen). Dirty tricks gehören nicht erst seit Nixon zum Instrumentarium der Politik –  im Westen nicht weniger als einst im Osten. Natürlich stehen sie nicht nur für den Kampf mit dem politischen Gegner, sondern auch für innerparteiliche Auseinandersetzungen zur Verfügung. Und die Frage drängt sich auf, wie „leninistisch“ –  nämlich hierarchisch, von oben nach unten funktionierend, das feedback von unten nach oben nur propagandistisch zur Schau stellend –  bürgerliche Parteien „schon immer“ in den letzten 150 oder 200 Jahren waren. Und wie viel z.B. ein Lenin, der sich, an die Macht gelangt, die funktionalistisch geprägte Bürokratie der Post des bis 1918 andauernden letzten deutschen Kaiserreichs zum Vorbild für den „rationalen“ Aufbau der sowjetrussischen Staatsbürokratie nahm, auch in dieser Hinsicht vom bürgerlichen Europa gelernt hat.(7)

Was die Grünen angeht, sei daran erinnert, wie auf Parteikongressen fast jedes Mal eine meuternde Basis mit Realo-Sprüchen (und bedrohlichen Beschwörungen, was sein könnte, wenn man der Parteiführung das Plazet verweigert) auf Kurs gebracht wurde.(8) Die heutigen Parteioberen dürften in der Hinsicht viel von Joschka Fischer gelernt haben, denkt man da als Beobachterin. Ist nicht, in der Frage des Kosovo/Jugoslawien-Kriegs, ein Vollmer zu Kreuze gekrochen, trotz pazifistischer Grundtendenz? Hat nicht allein Ströbele, unter den Mitgliedern der Bundestagsfraktion der Grünen, sich als einziger geweigert, seine Überzeugung an der Garderobe der Fraktion abzugeben? Dies mag polemisch formuliert klingen, und vermutlich ist es das: man weiß, von außen das Ganze betrachtend, letztlich nicht, was in den Köpfen vorgeht. Aber man weiß: Ströbele wurde für seine Zivilcourage, dafür, dass er 1999 in der Kriegsfrage auf seine Vernunft und sein Gewissen hörte (statt Staatsraison, Bündnisfähigkeit Deutschlands in der NATO, die Regierungsfähigkeit der Grünen  unkritisch zu fetischisierten Maßstäben einer politischen Entscheidung zu machen, wie der damalige Außenminister), schließlich abgestraft. Er hatte die Fraktionsdisziplin, jene heilige Kuh verletzt. Das heißt,  gegen die Vorgaben der Parteiführung, vor allem Joschka Fischers, „rebelliert“. Die Führung zog vermutlich die Strippen; doch vermutlich sagt eine vorsichtige Person nur, weil sie nicht beweisen kann, was auf der Hand liegt. Er erhielt, als die Bundestagswahl 2002 anstand, keinen aussichtsreichen Listenplatz mehr: die übliche Disziplinierungsmaßnahme von Parteiführungen, die auch auf andere Parlamentarier abschreckend wirken soll. Und er wäre nicht mehr ins Parlament gewählt worden, hätte er nicht bei der Basis in Berlin-Kreuzberg Rückhalt gehabt. Hier errang er 2002 ein Direktmandat, ebenso dann bei den folgenen Bundestagwahlen. Und er wird es wohl auch, so ist zu hoffen und zu wünschen, weiterhin tun. Die Frage drängt sich aber auf: Wer, in dieser „basisdemokratische“ Traditionen angeblich pflegenden Partei, stellt eigentlich die Listen mit den Kandidaten der Partei vor anstehenden Wahlen auf, wenn es die reale Basis nicht tut, die einen Ströbele – im Gegensatz zur damaligen Parteiführung – doch offenbar wollte? 

Es ist nicht so, als ob es in den anderen Parteien anders ist als bei den Grünen: Überall werden Disziplin-Verweigerer in der Regel abgestraft.(9) Und nicht nur in der SPD werden Leute vermutlich ausgeschlossen.  Nicht nur in der FDP gemobbt oder ins Aus gedrängt. Überall auch werden Konkurrenten limogiert, in wenig einflussreiche Posten weggedrängt, deren Honorar den Wechsel oft versüßen soll. Haben die Grünen nicht Daniel Cohn-Bendit –  „Rotwein-Danny“, wie ihn manche liebevoll nennen, diesen einst anarcho-spontaneistischen Bewunderer Sartres und, seit einigen Jahren, rechten Flügelmann der europäischen „Ökologisten“ (écolos) – den Weg ins einflusslose Europa-Parlament gewiesen? Wurde Stoiber, kürzlich noch ein hofierter CSU-Grande und bayerischer Ministerpräsident – nicht nach Brüssel „entsorgt“?(10)

Dass auch Gewerkschaften die Taktik des Stillstellens beherrschen, daran erinnere ich mich noch mit Wehmut. Die Mitte der 80er Jahre recht kämpferische, geradlinige Ursula Engelen-Käfer vertrat ab 1990 den DGB im Wirtschafts- und Sozialausschusses der Europäischen Union in Brüssel. Außerdem bekam sie im selben Jahr die Funktion einer stellvertretenden DGB-Vorsitzenden und saß zudem ab 1991 im Verwaltungsrat der ILO in Genf.(11) Drei Funktionen, die eine Menge Arbeit und Stress bedeuteten – und häufige Ortsabwesenheit: Distanz statt Nähe zur Basis. Ich fürchte, wir haben nach ihrem Wechsel nach Brüssel kaum noch nach alter Manier verwegen kritische Stellungnahmen von ihr gehört. War sie vielleicht des Kampfes müde? Und der Intrigen, der gehässigen internen und von außen vorgetragenen, in den Medien platzierten Angriffe und Diskreditierungsversuche überdrüssig? Aber vielleicht haben ja die gut funktionierenden Medien uns ihre kritischen Interventionen einfach vorenthalten. Oder reduzieren hohe Ämter den Elan, verführen zu sanfterem, diplomatischen Ton? Hat sich vielleicht sogar wieder bestätigt, was wir schon lange ahnten? Hohe Posten und hohe Einkommen dämpfen die Kampfesfreude oft.(12) 
 
 
 
 

Abmerkungen

(1)  „Das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, dass sie keine ist. Das Volk, der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts sagen.“  So bringt der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim den Sachverhalt im Gespräch mit Marianne Bäumler klar und deutlich auf den Punkt. Es lohnt sich, die Sendung im WDR 5 zu hören: H.H.von Arnim / M.Bäumler, „Beharrlich unbequem: Hans Herbert von Arnim, Verfassungsrechtler, Parteienkritiker“,  in der Reihe Erlebte Geschichten (Redaktion: Mark vom Hofe, WDR5, 22.11.2009 - http://www.wdr5.de/sendungen/erlebte-geschichten/s/d/22.11.2009-07.05.html#beitrag27884

(2) Daß die Parteien machen, was sie wollen, ohne auf die Wünsche und Besorgnisse der Masse der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen, ist offenbar eine Einsicht, die gespeist wird aus konkreten Erfahrungen, aber auch aus dem Erkennen einer Diskrepanz zwischen Mehrheitsvoten bei Befragungen und der vorherrschenden Politik. Gerade junge Menschen sind übrigens oft besonders engagiert gegen Sozialabbau, gegen eine Beteiligung des Landes an Kriegen, gegen Atomkraftwerke sowie gegen umweltzerstörende Eingriffe wie im Fall des Braunkohletagebaus in den Neuen Ländern  und im Rheinland, wie im Fall der Erweiterung des Airbus-Geländes bei Hamburg, wie im Fall Startbahn West (Frankfurt), wie im Fall der Zerstörung eines großen innenstädtischen Parks mit über 500 überwiegend sehr alten Bäumen, des sogenannten Schloßgartens, in Stuttgart (S-21).  Weil die Regierungen und die Parteien, die sie bilden, seit langem erkennbar auf derartige, oft von einer überaus deutlichen Mehrheit der Bevölkerung geteilte Auffassungen nicht eingehen, sondern entschieden dagegen halten, findet man besonders unter jungen Leuten – den Menschen "unter 30" – zunehmend eine ablehnende Haltung gegenüber Parteien. Wobei zu bedenken ist, dass eine solche Haltung sich mit dem Älterwerden der Frauen und Männer dieser desillusionierten Generation nicht unbedingt verflüchtigt. Dementsprechend kommt die Schriftstellerin Juli Zeh zu der Schlußfolgerung: „Wenn gerade jüngere Leute zunehmend das Gefühl haben, das ist kein Spiel, bei dem sie mitspielen dürfen, dann haben wir irgendwann eine Politik, die ohne Bürger stattfindet.“ Siehe: Juli Zeh, „Demokratie ohne Parteien? Eine ganz reale Utopie. Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Juli Zeh“ (Redaktion: Tamara Tischendorf ) , in´: WDR5, 11.11.2010.

(3) Es gehört nicht viel dazu, im Gespräch mit jungen Leuten zu erfahren, dass sie nicht im Traum daran denken, wählen zu gehen: die Politik sei „Scheisse“ , korrupt, abgehoben, hört man da. Doch auch die ältere Verkäuferin an der Käsetheke, die mir neulich erzählte, ihr Mann sei arbeitslos geworden, der Betrieb mache dicht, und in seinem Alter finde er vermutlich nichts mehr, sagte: Wir gehen nicht mehr zur Wahl. Die Haltung dürfte nicht untypisch sein. Wie anders kommen sonst Durchschnitte bei der Wahlbeteiligung zwischen unter 60 und etwas über 70 Prozent zustande? Eigentlich ist es ein Wunder, dass noch - noch! - so viele wählen gehen. Hat die Politik die übrigen kaltblütig abgeschrieben, ohne gross mit der Wimper zu zucken?

(4)  Als Störenfriede betrachten die, die in einer Partei das Heft in der Hand haben, vorzugsweise alle, die eine eigene, von der ihren abweichende Meinung haben. Dazu zählen vorzugsweise Vertreter von in der Parteiführung in der Minderheit befindlichen oder gar nicht repräsentierten Tendenzen, die sich angesichts der erreichten parteiinternen Position irgendwann vielleicht doch noch als Konkurrenten erweisen könnten. Aber auch aufmüpfige Mitglieder an den Basis, die durch ihr Reden und Handeln auffallen, werden offenbar von den Parteioberen (und den Sachwaltern ihrer Politik auf der mittleren und unteren Ebene der Partei) als "störend" empfunden. 

(5) Siehe auch: N.N., „Der Feind steht links“, in: Dokumentationsarchiv, Word Press.Com 
http://dokmz.wordpress.com/2011/05/10/der-feind-steht-links-2/

(6) Möllemann ist natürlich zu Recht nicht unumstritten. Als wichtiger Vertreter des rechten Flügels der FDP zuerst Bildungs-, dann seit 1991 Wirtschaftsminister und seit 1992 auch Vizekanzler in der Kohlregierung, stolperte er bereits ein Jahr später über eine Affäre und mußte zurücktreten. Er ließ in der bei Politikern üblichen Weise Gras über die Sache wachsen und reüssierte dann schnell in der Landespolitik, wohl in der Hoffnung, ein bundespolitisches Come-back vorzubereiten. Sein Populismus war wie jeder rechte, also echte Populismus demagogisch.  Im Jahr 2002 wurde ihm seine Kritik an der israelischen Siedlungspolitik und an den Methoden der Besatzer im Westjordanland und in Gaza zum Verhängnis. Manche nehmen an, dass diese Kritik möglicherweise den von einigen Insidern behaupteten guten Geschäftsbeziehungen (Waffengeschäften? unter anderem fiel der Name Kashoggi) mit arabischen Partnern geschuldet war.  Ein Waffenhändler soll praktisch sein Nachbar auf Gran Canaria gewesen sein. Wie auch immer –  jedenfalls wurde er von der Führung der Bundespartei fallen gelassen. Die Umstände seines Todes sind, wie im Fall des Todes von Uwe Barschel, dem von einigen Autoren auch eine Verwicklung in Waffengeschäfte nachgesagt wurde, unklar.

(7) Die bisweilen geäußerte Annahme, daß  Lenin  hierarchisch geprägte, funktionalistisch-bürokratische Organisationsmodelle der modernen bürgerlichen Gesellschaft übernahm, erscheint zumindest in Bezug auf den an's Ruder gelangten – die in „Staat und Revolution“ formulierten Prinzipien und Ziele hinter sich lassenden –  Pragmatiker, der er nach 1918 wurde, schlüssig. Insofern war eigentlich die Arroganz, mit der bürgerliche Parteien im Westen auf den mit Recht kritisierte Mangel an Demokratie in den post-stalinistischen, wieder eher  leninistisch geprägten Institutionen des Ostblocks hinwiesen, fehl am Platz: Parteien im Westen sind in der Regel, was die Organisationsprinzipien und das heißt, die offen oder verhüllt hierarchischen Strukturen angeht, die heimlichen Zwillinge der inzwischen verblichenen post-stalinistischen  bzw leninistischen Parteien im Osten. Ihre interne Demokratisierung besteht, soweit sie „versucht“ wurde, weitgehend nur auf dem Papier. Die einzige basisdemokratische Partei in Deutschland zum Beispiel, die der „Grünen“, hat dieser angeblich unprofessionellen Lösung schnell und entschieden den Rücken zugekehrt, wozu übrigens das undemokratische Organisations- und „Verantwortlichkeits“-Strukturen begünstigende oder einfordernde deutsche Parteigesetz einiges beitrug.

(8) Auf SPD-Parteitagen war  wegen der Schwäche und Zurückhaltung des noch verbleibenden Rests eines „linken“ Flügels  innerparteilich in den letzten Jahrzehnten das Meutern einer Basis weit weniger ein Problem als bei den Grünen. Im Ansatz war etwas davon zu spüren, als Müntefering einen Wunschkandidaten nicht durchbringen konnte, weil eine „Parteilinke“ erfolgreich gegen denselben antrat.

(9) Es ist die gesellschaftliche Logik, die sich hier durchsetzt – ganz so wie in Schulen, Universitäten, Kirchen, Büros, Läden, Werkstätten und Fabriken. Trotz der angeblichen „kulturellen Revolution“ von 1968 ist die Gesellschaft sozialpsychologisch noch zutiefst autoritätsfixiert und das Beharren auf Unterordnung der „Subalternen“, die Sanktionierung abweichenden und unabhängigen Verhaltens ist seit den 1990er Jahren eine Tendenz, die sich sogar eher verstärkt als das sie sich abschwächt. In Firmen z.B. hat der als „eigensinnig“ Erachtete beste Chancen, als erster „gefeuert“ zu werden. In Schulen wurde z.B. in NRW mit dem neuen Schulgesetz ein Direktionsprinzip eingeführt, das der ganzen Intention nach – auf der Gleichheit aller basierenden –  kooperativen Lösungen eine Absage erteilt: man denkt an die Absage an rätedemokratische, autogestion beinhaltende Lösungen in Sowjetrußland unter Lenin, wo das Prinzip der Verantwortlichkeit des Fabrikdirektors das ausschlaggebende wurde, ganz im Gegensatz zu ursprünglich von Lenin favorisierten Prinzipien der Arbeiterdemokratie. Es war Alexandra Kollontai, welche als einzige unter den damals bekannteren politischen Persönlichkeiten sich für Arbeiter-Selbstverwaltung in den Fabriken einsetzte, allerdings erfolglos. Ihre Anregungen sind immer noch – auch für basisdemokratische Grüne – von Interesse.

(10) Nachdem er in Bayern von parteinternen Konkurrenten ausmanövriert worden war, wurde Stoiber Ende 2007  Leiter (directeur / director ) einer Arbeitsgruppe bei der Europäischen Kommission in Brüssel.

(11) Siehe auch: Eintrag: „Ursula Engelen-Käfer“, in: Who’s Who.de http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2132&RID=1

(12) Auch wenn ich bei U. Engelen-Käfer nach 1990 eine größere Rücksichtnahme auf die Würde ihres Amts (bzw. ihrer Ämter) glaube feststellen zu können, blieb sie in entscheidenden Punkten eine kritische Gewerkschafterin. So stellte sie sich 2003 als Mitglied der Rürup-Kommission gegen die Vorschläge der Mehrheit, welche auf die nach Peter Hartz benannte Reform hinausliefen. Die Quittung erhielt sie 2006, als die Chefs von acht Einzelgewerkschaften im DGB die Gegenkandidatur von Ingrid Sehrbrock (CDU) für die Position der DGB-Vizevorsitzenden unterstützten. Die Basis wird nicht gefragt: Politik spielt sich auch im DGB  weitgehend in den oberen Etagen der Institution ab, und wie überall in hierarchischen bzw. bürokratischen Organisationen wohl oft auf mehr oder minder macchiavellische (manche würden heut wohl sagen: male chauvinist, also männliche-chauvinistische) Weise. 
 

Check...:http://www.democracynow.org/2011/2/17/democracy_uprising_in_the_usa_noam
 

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Demokratie ohne Parteien? Eine ganz reale Utopie- Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Juli Zeh 

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Beharrlich unbequem
Hans Herbert von Arnim, kritischer Verfassungsrechtler,der die Entmachtung des angeblichen  Souveräns - der Bevölkerung - beklagt

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Clemens Ronnefeldt(Versöhnungsbund),
Kosovo-/Jugoslawienkrieg - Die Wahrheit muß ans Licht! 
 

N.N., Der Feind steht links, in: Dokumentationsarchiv, Word Press.Com 

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Eifelphilosoph.blog,
Die Linkspartei, die Grünen und Realpolitiker

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Libcom.org, Theses on the global crisis 

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Al Ahram Weekly
http://weekly.ahram.org.eg

Galal Nassar, "The Arab Spring and the crisis of the elite" 

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Ahmad Fouad Najem, "Forbidden"

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Democracy real YA!
http://www.democraciarealya.es
 
 

Manifesto of Democracia real YA!

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DemocraciarealYa Sevilla (29-5-2011)

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Suite 101. net
http://www.suite101.net
 

Carolina Castañeda López, La "Spanish Revolution" y los movimientos sociales en la red

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Lola Romero Gil, Movimientos ciudadanos, la red se mueve

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Lola Romero Gil, "Una semana de España acampada, por la democracia real"

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Heinz Dieterich, "Transición al Socialismo del Siglo XXI: avances en Europa y Asia"

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Greg Sargent,"Wisconsin Dems 6. Wisconsin Republicans 0"
(On upcoming recall-elections)

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BBC on Wisconsin (Feb. 18, 2011)
Democrats flee Wisconsin Senate to slow anti-union bill 

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Matthew Cardinale, "New and Old, US Groups Forge Broad Alliances"

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Local to global.org
www.localtoglobal.org
 
 

Tom Hayden, "The Defunding of the Peace Movement" 

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"Former US Attorney General Testifies for Plowshares Activists"

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(United for Justice with Peace Coalition)
www.justicewithpeace.org
 
 

Clemens Ronnefeldt(Versöhnungsbund),
Kosovo-/Jugoslawienkrieg - Die Wahrheit muß ans Licht! 

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Richard Luecke, "Saul Alinsky: Homo Ludens for Urban Democracy"

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